Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Eine besondere Problematik ergibt sich bei der staatlichen Ausge- staltung des öffentlichen Rundfunks. Wie schon erwähnt, fragt es sich, ob diese überhaupt einen Grundrechtseingriff darstellt. Jedenfalls sollen entsprechende staatliche Massnahmen der Meinungsvielfalt dienen.99 Vor diesem Hintergrund ist die derzeitige gesetzliche Regelung des öf- fentlichen Rundfunks kritisch zu sehen. Während die Programmanfor- derungen gemäss Rundfunkgesetz100der Grundrechtsgewährleistung der Rundfunkfreiheit zweifellos förderlich sind, erweist sich die organi- satorische Unabhängigkeit des einzigen, öffentlich-rechtlich organisier- ten liechtensteinischen Radiosenders vom Staat im Lichte der Rund- funkfreiheit – selbst bei Berücksichtigung der besonderen kleinstaat - lichen Verhältnisse Liechtensteins – als ungenügend. So erscheint es als nicht verfassungskonform, dass gemäss Art. 25 RFG drei Mitglieder des siebenköpfigen Verwaltungsrats von Radio Liechtenstein vom Landtag und zwei von der Regierung gewählt werden.101Im Lichte der Mei- nungsfreiheit ebenfalls nicht unproblematisch ist zudem der staatliche Fernsehkanal («Landeskanal»), jedenfalls soweit dort nicht nur Land- tagssitzungen und behördliche Verlautbarungen, sondern auch (Wahl- und Abstimmungs-)Sendungen übertragen werden.102 2.Drittwirkung Ebenfalls über die klassische Abwehrfunktion der Grundrechte gegen- über dem Staat hinaus weist die Drittwirkungsthematik, also die Frage, ob Grundrechte auch direkt oder zumindest indirekt zwischen Privaten gelten.103Nach langjähriger kontroverser Debatte hat sich in der deutschsprachigen Grundrechtsdogmatik die Auffassung durchgesetzt, 212Hilmar 
Hoch StGH-Entscheidung 1965/1, ELG 1962–1966, 225. Müller / Schefer, Grundrechte, S. 476 f., betonen zu Recht, dass die Medienförderung auch inhaltsneutral zu erfol- gen hat. 99Siehe vorne Rz. 13. 100LGBl. 2003 Nr. 229 101Siehe Ladeur, Verfassungsfragen, S. 46 u. 48. 102Siehe hierzu StGH 1993/8, LES 1993, 91 (97 Erw. 2.1), sowie vorne Fn. 88; vgl. auch schon Höfling, Grundrechtsordnung, S. 135 Fn. 23. 103Der Staatsgerichtshof hat sich mit der Drittwirkungsthematik bisher nur am Rande befasst; siehe StGH 2000/20, Erw. 3; StGH 1996/20, LES 1998, 68 (72 Erw. 2). 
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