Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Der Staatsgerichtshof spielt offensichtlich mit dem Gedanken, dem Bankgeheimnis durch Auslegung Verfassungsrang zuzuweisen. Die For- mulierung, wonach dem Bankgeheimnis materiell Verfassungsrang zu- komme, ist schon recht deutlich. Freilich bricht der Staatsgerichtshof die naheliegende Überlegung mit dem Hinweis auf die Beschränkbarkeit al- ler Grundrechte ab. Diese Überlegungen über den möglichen Verfas- sungsrang des Bankgeheimnisses erweisen sich dann aber in allen Urtei- len als irrelevant, weil jedes Grundrecht, auch das Bankgeheimnis, als ein mögliches Grundrecht eingeschränkt werden kann, wenn die üblichen Grundrechtseingriffskriterien eingehalten werden.39Auf diese Art und Weise belässt der Staatsgerichtshof den Status des Bankgeheimnisses im Schwebezustand, aber er erlangt die Kompetenz, die Einhaltung der Eingriffskriterien zu überprüfen. Dieses Vorgehen ist unbefriedigend; der Staatsgerichtshof sollte sich entweder zum Urteil von 1977 zurück- bewegen, in dem er klarstellt, dass das Bankgeheimnis kein Grundrecht ist, oder er sollte die begonnene Überlegung zu Ende denken und das Bankgeheimnis als Bestandteil des Art. 32 Abs. 1 LV betrachten. 5.Persönlicher Schutzbereich Sämtliche natürlichen Personen, unabhängig von Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsstatus, sind Träger der in Art. 32 Abs. 1 LV garantierten Grundrechte. Der Wortlaut ist insofern unproblematisch und diese Aus- sage gebietet ferner auch Art. 8 EMRK. Die Konvention enthält aus- schliesslich Menschenrechte, die für jedermann gelten. Die Frage des persönlichen Schutzbereichs ist bei natürlichen Personen stets klar zu beantworten. Bei juristischen Personen ist die Sachlage wesentlich anders. Gene- rell können sich diese gemäss «ständiger Praxis des Staatsgerichtshofs nur insoweit auf den Grundrechtsschutz berufen […], als dies dem We- sen der juristischen Person entspricht [. . .]. Es bedarf insoweit stets einer Einzelfallbetrachtung, wobei insbesondere die Art des in Frage stehen- den Grundrechts zu würdigen ist.»40Die Frage ist insbesondere für die 140Marzell 
Beck / Andreas Kley 39StGH 2005/50, Urteil vom 6. Februar 2006, LES 2007, 396 (407 Erw. 6). 40StGH 1998/47, Urteil vom 22. Februar 1999, LES 2001, 73 (77 Erw. 2.1) m. w. H., ständige Rechtsprechung. 
18 19 20
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.