Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

die beschränkte Entmündigung, so der Beschwerdeführer finde ein Ein- griff in den Kerngehalt dieses Grundrechts statt. Der Staatsgerichtshof äusserte am Grundrechtscharakter des Art. 27bis Abs. 1 LV keine Zweifel und beurteilte die Bestimmung in An- lehnung an die Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichtes als ein Auffanggrundrecht. «Die Bestimmung hat allgemein die Bedeutung eines Leitgrundsatzes für jegliche Staatstätigkeit, bildet als innerster Kern zugleich die Grundlage der Freiheitsrechte, dient deren Auslegung und Konkretisierung und ist ein Auffanggrundrecht. Für besonders gelagerte Konstellationen kann der Menschenwürde ein eigenständiger Gehalt zu- kommen. Der offene Normgehalt kann nicht abschliessend positiv fest- gelegt werden. Er betrifft das letztlich nicht fassbare Eigentliche des Menschen und der Menschen und ist unter Missachtung kollektiver Anschauungen ausgerichtet auf Anerkennung des Einzelnen in seiner eigenen Wehrhaftigkeit und individuellen Einzig- und allfälligen Anders- artigkeit. In dieser Ausrichtung weist die Verfassungsnorm besondere Bezüge zu spezielleren Grundrechten und insbesondere zu den verfas- sungsrechtlichen Persönlichkeitsrechten auf, die gerade auch unter Be- achtung der Menschenwürde anzuwenden sind (BGE 132 I 49 Erw. 5.1. S. 55; BGE 127 I 6 E. 5b S. 14 f.).» In der Sache selbst erachtete der StGH die Menschenwürde durch eine Entmündigung auf Grund Selbstgefähr- dung nicht verletzt, da sie eben gerade dem Schutz des Beschwerdefüh- rers diene (mit Verweis auf BGE 132 I 49 Erw. 5.1. S. 55). Begreift man den Grundrechtsschutz als eine Ausprägung des Schutzes der Menschenwürde (etwa in der Frage, wie der Staat gegen- über den Betroffenen in behördlichen Verfahren agiert), stellt sich Art. 27bis Abs. 1 also als eine Auffangnorm dar, auch gegenüber Abs. 2, der ja, wie dargelegt, als eine Spezialnorm gegenüber Abs. 1 zu verstehen ist.20Insoweit ähnelt der Status des Abs. 1 jenem des Willkürverbots, dem ja auch nach der ständigen Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes der Charakter eines Auffanggrundrechts zukommt. Man könnte nun die Frage stellen, in welchem Verhältnis die beiden «Auffanggrundrechte» zueinander stehen. Auch das Willkürverbot ist aber letztlich eine Aus- prägung des Schutzes der Menschenwürde, sodass der Schutz der Men- 119 
Der Schutz der Menschenwürde und des Rechts auf Leben 20So auch das Bundesgericht in BGE 132 I 49 S. 55; vgl. auch Biaggini, Bundesverfas- sung, Art. 7 Rz. 7.14 15
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.