schlag des Landtages angenommen. Dem Landtagsprotokoll kann ent- nommen werden, dass eine bewusste Orientierung an Art. 7 BV erfolgte und die Übernahme der bekannten Formulierung des Art. 1 des deut- schen Grundgesetzes verworfen wurde. Ebenso wird die bewusste An- lehnung an Art. 2 EMRK deutlich gemacht.3 Aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmungen geht insgesamt klar hervor, dass Liechtenstein mit den gewählten Formulierungen auch das internationale Begriffsverständnis dieser Bestimmungen überneh- men
wollte.4 II.Der Schutz der Menschenwürde 1.Abgrenzung zum Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung Die Bestimmungen des Art. 27bis Abs. 1 und 2 stehen in einer engen Verbindung. Das Verbot der erniedrigenden Behandlung ist eine Aus- prägung des Schutzes der Menschenwürde. Dies bestätigt auch die Bot- schaft des Bundesrates zur Bestimmung des Art. 7 BV. Demnach ge- währleistet die – mit Art. 27bis Abs. 1 inhaltsgleiche – Bestimmung den Respekt und den Schutz der Menschenwürde. Die Garantie soll jeden Menschen vor unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung schüt- zen5(in Art. 27bis Abs. 2 ausdrücklich normiert). Trotz dieser engen Verschränkung kann nicht davon gesprochen werden, dass sich der normative Inhalt von Abs. 1 im Verbot der un- menschlichen oder erniedrigenden Behandlung erschöpfen würde, an- dernfalls wäre die Unterscheidung zwischen Abs. 1 und Abs. 2 sinnlos. Es kann dem Verfassungsgesetzgeber auch nicht zugesonnen werden, eine überflüssige Formulierung gewählt zu haben. Abs. 1 und 2 stehen vielmehr im Verhältnis von genereller zu spezieller Norm. Aus diesem 115
Der Schutz der Menschenwürde und des Rechts auf Leben 3Sitzung vom 21. September 2005, Wortmeldung des Abg. Markus Büchel zu Trak- tandum 4, S. 846 ff. 4Der Abg. Markus Büchel spricht davon, dass der Vorschlag «internationalen Stan- dards» entspreche, «was bedeutet, dass wir damit nichts Neues erfinden.» 5Botschaft des Bundesrates über eine neue Bundesverfassung vom 20.11.1996, BBl 1997 I 1, S. 139.567