Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

20 
Die Verfassung der «Vereinigten Staaten von Amerika» von 1787 
von äussern Gesetzen) schon durch ihr Nebeneinandersein lädie- 
ren, und deren jeder, um seiner Sicherheit willen, von dem andern 
fordern kann und soll, mit ihm in eine, der bürgerlichen ähnliche, 
Verfassung zu treten, wo jedem sein Recht gesichert werden kann. 
Dies wäre ein Völkerbund, der aber gleichwohl kein Völkerstaat 
sein müsste. Darin aber wäre ein Widerspruch; weil ein jeder Staat 
das Verhältnis eines Oberen (Gesetzgebenden) zu einem Unteren 
(Gehorchenden, nämlich dem Volk) enthält, viele Völker aber in ei- 
nem Staate nur ein Volk ausmachen würden, welches (da wir hier 
das Recht der Völker gegen einander zu erwägen haben, so fern sie 
so viel verschiedene Staaten ausmachen, und nicht in einem Staat 
zusammenschmelzen sollen) der Voraussetzung widerspricht. [...] 
Da die Art, wie Staaten ihr Recht verfolgen, nie, wie bei einem äus- 
sern Gerichtshofe, der Prozess, sondern nur der Krieg sein kann, 
durch diesen aber und seinen günstigen Ausschlag, den Sieg, das 
Recht nicht entschieden wird, und durch den Friedensvertrag zwar 
wohl dem diesmaligen Kriege, aber nicht dem Kriegszustande (im- 
mer zu einem neuen Vorwand zu finden) ein Ende gemacht wird 
(den man auch nicht geradezu für ungerecht erklären kann, weil in 
diesem Zustande jeder in seiner eigenen Sache Richter ist) ... in- 
dessen dass doch die Vernunft, vom Throne der hóchsten mora- 
lisch gesetzgebenden Gewalt herab, den Krieg als Rechtsgang 
schlechterdings verdammt, den Friedenszustand dagegen zur un- 
mittelbaren Pflicht macht, welcher doch, obne einen Vertrag der 
Völker unter sich, nicht gestiftet oder gesichert werden kann: — so 
muss es einen Bund von besonderer Art geben, den man den Frie- 
densbund (foedus pacificum) nennen kann, der vom Friedensver- 
trag (pactum pacis) darin unterschieden sein wirde, dass dieser bloss 
emen Krieg, jener aber alle Kriege auf immer zu endigen suchte. 
Dieser Bund geht auf keinen Erwerb irgend einer Macht des Staats, 
sondern lediglich auf Erhaltung und Sicherung der Freiheit eines 
Staats, für sich selbst und zugleich anderer verbündeten Staaten, 
ohne dass diese doch sich deshalb (wie Menschen im Naturzu- 
stande) öffentlichen Gesetzen, und einem Zwange unter denselben, 
unterwerfen dürfen.? 
Ibid., 208—211 (Hervorhebungen durch den Verfasser). 
91
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.