Repräsentation von Kleinstaaten: Deutscher Bund, Paulskirche, Mediatisierung
Durfte Liechtenstein in der Völkerbundszeit nicht ins Genfer Palais des
Nations einziehen, so weht heute die liechtensteinische Fahne auch am
UNO-Sitz in Genf und in New York. Fürst Hans-Adam II. konnte am
23. September 1991 in der UNO-Generalversammlung für den vollbe-
rechtigten neuen Mitgliedstaat Liechtenstein sprechen. Der Fürst
brachte gleich ein Konzept zur Lösung von Autonomie- und Sezessi-
onskonflikten ein, die «Liechtenstein Initiative on Self-Determina-
tion».5 Schon länger als in der UNO ist Liechtenstein seit 1978 Mitglied
des Europarates in Strassburg, mit einem Sitz im Ministerrat (von der-
zeit 41) und zwei Vertretern in der Parlamentarischen Versammlung
(von 318).
Fehlt noch die Europäische Union. Gerade bei der EU, die als wirt-
schaftliche und politische Union unterwegs ist, zeigt sich aber, dass
Kleinheit und Grössenverträglichkeit eine weit grössere Rolle spielen als
bei Europarat und UNO. Ein Blick auf die Karte mit den heute 27 Mit-
gliedstaaten (2009) zeigt die geographisch-geopolitische Situation. Und
die Frage ist in der Tat: Kónnte — und wollte, wenn es kónnte — Liech-
tenstein Mitglied der EU werden? In welcher Form, mit welchem Status,
mit welcher Repräsentation? Falls ja, begänne wieder jenes Austarieren
und Ponderieren, welchem wir im Deutschen Bund, in der Paulskirche,
am Frankfurter Fürstenkongress wie in den Verfassungen der USA, der
Schweiz und des Deutschen Reiches begegnet sind.
Es wird denn in einigen Jahren oder Jahrzehnten wieder interessant
sein, auf das, was heute noch als Zukunft vor uns liegt, zurückzuschauen
— vielleicht erneut von hier aus, am Liechtenstein-Institut.
50 Dazu Beattie, Liechtenstein - A Modern History, S. 359 f.
227