Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

Repräsentation von Kleinstaaten: Deutscher Bund, Paulskirche, Mediatisierung 
letzter Eskalationsschritt im Verhältnis zwischen Preussen und Öster- 
reich. Österreich beantragte nun in der Bundesversammlung die Mobili- 
sierung des Bundesheeres gegen Preussen. Die Bundesversammlung 
stimmte dem österreichischen Antrag zu: Das Ergebnis der 14 abgege- 
benen Stimmen lautete «9 Ja zu 5 Nein» (Baden enthielt sich, Preussen 
nahm nicht teil, Holsteins Stimme ruhte). Die 16. Kurie hatte dem An- 
trag zugestimmt. Militärische Bundesexekution gegen Preussen war be- 
schlossen. Preussen erklärte die Bundesakte für gebrochen, den Bund für 
erloschen, der Krieg begann. 
Bismarck kritisierte einzelne Stimmabgaben heftig, besonders jene 
der 16. Kurie und hier des winzigen Liechtenstein, er sah dahinter Fäl- 
schung und Korruption wirksam. War daran Wahres? Die Stimmfüh- 
rung der 16. Kurie lag beim Freiherrn von Strauss. Er hatte aus den In- 
struktionen der Höfe das Gesamtvotum der 16. Kurie zu bilden. Für 
Bundesexekution instruierten Liechtenstein und Reuss älterer Linie, da- 
gegen Lippe und Waldeck. Reuss jüngerer Linie instruierte für Verweis 
an einen Ausschuss, und Schaumburg-Lippe instruierte nicht bezie- 
hungsweise zu spät. Innerhalb der Kurie standen die Stimmen also 
«2:2», weder für noch gegen. Das hätte für Enthaltung gesprochen. 
Aber Strauss wertete die Instruktion von Reuss jüngerer Linie — Verweis 
an Ausschuss — ebenfalls als «Für», und so zählte er die Einzelstimmen 
der Kurie faktisch mit 3:2 zu einem Gesamtvotum der 16. Kurie für die 
Bundesexekution im Sinne Österreichs, gegen Preussen, und gab so die 
Kurienstimme ab.? Strauss rechtfertigte sich später ôffentlich durch eine 
dem Votum vom 14. Juni 1866 gewidmete Schrift: Er habe die Stimme 
von Reuss jüngerer Linie nicht gezählt, doch das Verhältnis von 2:2 in 
der Kurie habe ihn gemäss Kuriatvertrag von 1816 berechtigt, bei 
Gleichstand innerhalb der Kurie die Stimme im Sinne der Mehrheit der 
Bundesversammlung abzugeben, in diesem Falle also für den österrei- 
chischen Antrag, für Bundesexekution, überdies habe die um zwei Stun- 
den verspätet eintreffende Instruktion von Schaumburg-Lippe gelautet, 
wie Hannover zu stimmen, dieses stimmte für Exekution, der Mehr- 
heitswille der 16. Kurie sei also für Bundesexekution gewesen.!* Freilich 
13 Vgl. zum Votum der 16. Kurie vom 14. Juni 1866 auch Huber, Verfassungsge- 
schichte, Bd. 3, S. 541. 
14 Victor von Strauss, Mein Antheil an der Abstimmung der Bundesversammlung vom 
14. Juni 1866, Bückeburg 1866. 
213
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.