Peter Geiger
gegründete Deutsche Bund bestand aus 38 deutschen Einzelstaaten sehr
unterschiedlicher Gestalt, vom Kaiserreich Österreich über das König-
reich Preussen, weitere Königreiche, Herzogtümer, Fürstentümer bis zu
vier Freien Städten. Österreich und Preussen gehörten nicht mit allen
Territorien dem Deutschen Bund an. Die beiden Grossen rivalisierten
um die Vormacht, die Mittleren suchten ihren Einfluss zu vergrössern,
und die Kleinsten wurden umworben, um sie zu gewinnen.
Der Bund definierte sich wie folgt: Er war «ein völkerrechtlicher
Verein der deutschen souveränen Fürsten und Freien Städte»; garantiert
war die «Unverletzbarkeit ihrer Staaten»; ein Ziel war die «Erhaltung
der inneren und äusseren Sicherheit Deutschlands»; die einzelnen Staa-
ten hatten «gleiche Vertrags-Rechte und Vertrags-Obliegenheiten»; im
Innern bildeten sie «eine Gemeinschaft selbständiger, unter sich unab-
hängiger Staaten», nach aussen «eine in politischer Einheit verbundene
Gesamt-Macht» (so Art. I u. II der Wiener Schlussakte 1820).!
Sitz des Bundes war Frankfurt am Main, das Palais Thurn und Ta-
xis beherbergte die Bundesversammlung. Sie war das einzige Organ, be-
ratend, beschliessend, ausführend. Die Bundesversammlung war eine
Gesandtenversammlung. Sie tagte als Engerer Rat, in welchem die 38
Staaten sich 17 Stimmen teilten, nämlich die grössten elf mit je einer
Stimme, die andern 27 zu weiteren sechs Kurienstimmen zusammenge-
legt. In der Bundesversammlung als Plenum gab es 69 Stimmen, davon
hielten die Grossen je maximal vier, die kleineren immerhin je eine
Stimme, so etwa auch Sachsen-Weimar, Liechtenstein, Anhalt-Köthen
oder Hamburg.
Die 16. Kurie bestand aus acht, später neun kleinen Staaten, näm-
lich den Fürstentümern Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sig-
maringen, Liechtenstein, Reuss älterer Linie (Greiz), Reuss jüngerer Li-
nie (Gera), Lippe (Detmold), Schaumburg-Lippe (Bückeburg), Waldeck
1 Wiener Schlussakte Schluss-Acte der über Ausbildung und Befestigung des Deut-
schen Bundes zu Wien gehaltenen Ministerial-Conferenzen vom 15. Mai 1820, in:
www.verfassungen.de/de/de06-66/schlussakte20; ebenso in: Ernst Rudolf Huber
(Hrsg.), Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1, dritte neubearbei-
tete und vermehrte Aufl, Stuttgart 1978, S. 91-100. — Deutsche Bundesakte vom
8. Juni 1815, in: www.verfassungen.de/de/de06-66/bundesakte15-i, ebenso in: Hu-
ber, Dokumente, Bd. 1, S. 84-90. — Quaderer, Geschichte, in: JBL 69, Vaduz 1969,
S. 201-223.
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