Volltext: 25 Jahre Liechtenstein-Institut

Volkspartei praktizierte bedingungslose Orientierung am westlichen Nachbarland offen in Frage stellte und in Bezug auf die laufende Privat- rechtsreform zu einer Rückbesinnung auf die ursprüngliche Rezeptions- grundlage, das ABGB, tendierte. Einem von der Bürgerpartei erwogenen generellen Schwenk zurück zur österreichischen Rechtsordnung als Re- zeptionsgrundlage stand allerdings der Zollvertrag mit der Schweiz im Weg, der in vielen Bereichen direkt oder indirekt die liechtensteinische Rechtsordnung beeinflusste. Die Problematik der Ausgestaltung des Obligationenrechts entwickelte sich schlussendlich zu einer die Privat- rechtsreform jahrzehntelang beherrschenden Sachfrage, die zugleich eine Reform der übrigen noch ausständigen Rechtsmaterien – Familien- recht und Erbrecht – blockierte.20Das Resultat dieser sozusagen auf hal- bem Wege abgebrochenen Privatrechtsreform war eine Situation, die sich treffend mit folgenden Worten beschreiben lässt: «Das neue Ganze ist unvollendet und das alte Ganze ist zerrissen.»21 Um die Mitte des 20. Jahrhunderts präsentierte sich der Rechtsbe- stand als derart veraltet und unübersichtlich, dass Reformen unvermeid- lich waren. Nach dem Scheitern eines ambitionierten Projekts zur Aus- arbeitung eines Rechtsbuchs – also einer bereinigten, aktualisierten und systematisch geordneten Zusammenstellung des gesamten liechtensteini- schen Rechts – in den 1950er Jahren22wurde etwa zwei Jahrzehnte spä- ter eine grundlegende Reform des Justizrechts in Angriff genommen23. Als Mittel zum Zweck sollte die Rechtsrezeption dienen, wobei bei der Entscheidung, welche Rechtsnormen im Einzelnen als Rezeptions- grundlage herangezogen werden sollten, in erster Linie auf die Rechts- tradition und die Rechtskontinuität abzustellen sei. Folglich sollte das liechtensteinische ABGB weitestgehend nach dem Vorbild der österrei- chi schen Zivilrechtskodifikation erneuert werden, während in jenen Be- reichen, wo man sich schon bislang am schweizerischen Recht orientiert 71 
Das liechtensteinische ABGB als Forschungsgegenstand 20Herbert Wille, Die Neukodifikation des liechtensteinischen Privatrechts als Rezep- tionsfrage ausländischen Rechts, in: Kurt Ebert (Hrsg.), Pro iustitia et scientia. Fest- gabe zum 80. Geburtstag von Karl Kohlegger, Innsbruck 2001, S. 623 ff.; Berger, wie Fn. 40, S. 80 ff. 21Zitiert aus: Klaus Biedermann, Die Treuhänderschaft des liechtensteinischen Rechts, dargestellt an ihrem Vorbild, dem Trust des Common Law, Bern 1981, S. 18 Fn. 23. 22Siehe zur liechtensteinischen Rechtsbuchkommission ausführlich Berger, wie Fn. 40, S. 74 ff. 23Vgl. zum Folgenden ausführlich ebda, S. 89 ff.
	        

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