Volltext: 25 Jahre Liechtenstein-Institut

Rechtsordnung zu umschreiben und den Rahmen für den jeweiligen Rechtsstatus festzulegen, wobei in einem Religionsgesetz die Einzelhei- ten zu regeln sind. Der Verfassungsvorschlag fasst den Begriff der Religionsgemein- schaften weiter als den der Kirche; jener Begriff deckt auch diesen, denn der Begriff der Kirche passt terminologisch, historisch und theologisch nur auf das Christentum.55Das XI. Hauptstück der Verfassung steht aus historischen Gründen neu unter dem Titel «Kirchen und Religionsge- meinschaften» und bringt zum Ausdruck, dass die römisch-katholische Kirche und die beiden evangelischen Kirchen  Religionsgemeinschaften sind, die sich als Kirchen verstehen und auch als Kirchen auftreten. Die Begriffe der Religionsgesellschaft und der Religionsgemein- schaft sind gleichbedeutend (synonym). Dass Art. 38 LV von «Reli - gionsgesellschaften» spricht, während im Verfassungsentwurf von «Religionsgemeinschaften» die Rede ist, ist rein entstehungsgeschicht- lich bedingt. Die vorgenannte Verfassungsbestimmung ist  1921 dem Art. 138 der Wei marer Reichsverfassung vom 11. August 1919 nachge- bildet worden.56Der moderne Begriff der «Religionsgemeinschaft» hat in der Zwischenzeit den überkommenen Ausdruck «Religionsgesell- schaft»57abgelöst, ohne dass damit ein Bedeutungswechsel angestrebt worden ist.58 Nach den Mindestanforderungen, die das deutsche Bundesverfas- sungsgericht an eine Religionsgemeinschaft stellt, muss es sich bei ihr «auch tatsächlich nach geistigem Gehalt und äusserem Erscheinungsbild, um eine Religion und um eine Religionsgemeinschaft handeln».59Dies ist dann nicht der Fall, wenn religiöse oder weltanschauliche Lehren le- 423 
Zur Reform des liechtensteinischen Staatskirchenrecht 55Vgl. Christian Waldhoff, Die Zukunft des Staatskirchenrechts, in: Essener Gesprä- che zum Thema Staat und Kirche (42), Münster 2008, S. 80. 56Herbert Wille (Anm. 46), S. 283. 57Martin Heckel, Das Auseinandertreten von Staat und Kirche in Deutschland seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, in: ZevKR 45 (2000), S. 173 (185) bezeichnet die «Reli- gionsgesellschaft» als einen «Zentralbegriff des deutschen Staatskirchenrechts des 19. Jahrhunderts». 58Bodo Pieroth / Christoph Görisch, Was ist eine «Religionsgemeinschaft»?, in: JuS 10 (2002), S. 937 f.; vgl. auch Stefan Muckel, Wann ist eine Gemeinschaft Religions- gemeinschaft?, in: Wilhelm Rees (Hrsg.), Recht in Kirche und Staat, Festschrift Jo- seph Listl zum 75. Geburtstag, Berlin 2004, S. 715 (722). 59BVerfGE 83, 342 (353).
	        

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