2.Entwicklung der modernen europäischen Monarchie Die Monarchie hat sich als wandlungsfähige Staatsform erwiesen, deren historisch kontingenten Ausprägungen unterschiedlichste Formen der Herrschaftsausübung umfassen können. Es ist nicht leicht, den Kern dieser Staatsform zu fassen,16weder das Kriterium der Zahl (Monokra- tie) noch das Kriterium der Art der Herrschaftsausübung (gemässigt oder entartet) ist als eindeutiges Distinktionsmerkmal geeignet. Die heute verbreitete Unterscheidung von Demokratie, Autoritarismus und Totalitarismus bringen diesbezüglich auch keinen Erkenntnisgewinn: Es gibt für jeden dieser Typen monarchische Beispiele. Diese Problematik war auch schon dem frühneuzeitlichen Staatstheoretiker Jean Bodin (1529/30–1596) bekannt, der explizit darauf hinwies, dass Monarchien durchaus unterschiedlich regiert werden können: Dies bedeutet keinen Unterschied in der
Staatsformder Monar- chie, sondern in ihrer
Regierungsform. Denn es gibt sehr wohl ei- nen Unterschied zwischen Staatsform und Regierungsweise – eine regelmässig festzustellende Erscheinung in der Politik, die gleich- wohl noch niemand behandelt hat. Ein Staat kann eine Monarchie sein und dennoch demokratisch regiert werden.17 Demzufolge greift das Konzept der Staatsform die dualistische Unter- scheidung zwischen Republik und Monarchie auf. Dabei wird Monar- chie – in einem eingeschränkten Sinne – als Nicht-Republik verstanden und umgekehrt: Republik als Nicht-Monarchie.18Die konkrete Art der formalisierten Machtausübung – innerhalb der Staatsform – wird hinge- gen als Regierungsform19bezeichnet und kann unterschiedlichste Er- scheinungsformen annehmen.20Den bisher präsentierten Kriterien fehlt es jedoch an Trennschärfe, um eine eindeutige Unterscheidung von Mo- narchie und Republik zu erlauben. Aus diesem Grund ist es notwendig, an der Funktion des Staatsoberhauptes anzuknüpfen. Dies ist eine Funk- 318Zoltán
Tibor Pállinger 16Dreitzel (1991), S. 25 ff. 17Bodin (1976), S. 51. 18Fraenkel (1964), S. 318. 19Vgl. Friske (2008), S. 22. 20Vgl. Gamper (2010), S. 142–150; Doehring (2004), S. 88–97; Lijphart (1999), S. 9–47; Steffani (1997), S. 113.