Volltext: 25 Jahre Liechtenstein-Institut

gen mit Garibaldis republikanisch-revolutionärer Hilfe als ein Erobe- rungsstaat unter königlicher Flagge.22Der Monarch des Siegerstaates Piemont wurde zum König des neuen Gesamtstaates erhoben, während die Fürsten aller anderen Staaten, die in Italien bestanden, ihren Thron verloren. Mit ihrem Fürsten gaben diese Staaten auch ihre Autonomie auf. Ihre Staatlichkeit erlosch gänzlich, sie ging unter im neuen Natio- nalstaat. Die unterlegenen Fürsten mussten abtreten, ihre Staaten wur- den künftig vom neuen nationalstaatlichen Zentrum her regiert und ver- waltet. Die «beiden Massenkatastrophen unter den europäischen Klein- staaten»23im 19. Jahrhundert, wie Werner Kaegi die napoleonische Ära und die Gründungsphase des italienischen und des deutschen National- staates genannt hat, zeigten also recht unterschiedliche Wirkungen. In Deutschland wurden sie erst staatenbündisch, dann föderalistisch abge- federt, doch auch hier besiegelte der Nationalstaat den Untergang der staatlichen Vielfalt. Sie ging in Föderalismus über. Die Zeitgenossen fei- erten vornehmlich den Triumph der Einheit und der neuen Grösse. Selbst ein unversöhnlicher Gegner des preussisch geführten deutschen Nationalstaates wie der württembergische Demokrat Ludwig Pfau, der seine schwäbischen Landsleute mit seinem «ceterum censeo Borrussiam delendam» begeistert hatte, forderte keineswegs, zu der alten vielstaatli- chen Gestalt der deutschen Nation zurückzukehren. Er verurteilte zwar den jungen Nationalstaat kompromisslos als «preussischen Gewalt- staat», höhnte aber zugleich über die «Rumpelkammer voll altväterli- cher, zum grössten Theil liliputanischer Dynastien» und verteidigte sie dennoch, «obwohl mit einem ordentlichen Bundesstaat unvereinbar, als Vorposten gegen den drohenden Centralismus».24259 
Grösse – ein Ideal und seine Widersacher im 19. und 20. Jahrhundert 22Zu dieser Deutung vgl. Daniel Ziblatt: Structuring the State. The formation of Italy and Germany and the puzzle of federalism, Princeton / Oxford: Princeton Univer- sity Press 2006. Seine Charakterisierung der deutschen Einigung als «negotiated unification» verkennt jedoch den Eroberungsakt des ersten Einigungsschrittes 1866/67. 23Kaegi: Der Kleinstaat im europäischen Denken (1938), 270. 24Ludwig Pfau: Politisches und Polemisches aus den nachgelassenen Papieren. Stutt- gart: Foerster & Cie [1895], 165.
	        

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