Volltext: 25 Jahre Liechtenstein-Institut

Die Lösung dieses scheinbar «gordischen Knoten» wurde von ver- schiedenen Prämissen begünstigt.17Erstens anerkannte das EWR-Ab- kommen in Art. 121(b) bereits, dass die Regionalunion Schweiz-Liech- tenstein EWR-konform ist, soweit sie das gute Funktionieren des Abkommens nicht beeinträchtigt. Zweitens war der bilaterale Anpas- sungsbedarf lediglich auf bestimmte Waren beschränkt. Drittens hatte schon das Freihandelsabkommen von 1972 die tarifären Handelshemm- nisse für Industrieprodukte beseitigt, und die Schweiz näherte sich ste- tig sowohl unilateral als auch durch bilaterale Abkommen mit der EU dem Acquis communautaire an. Viertens waren dank der Kleinheit Liechtensteins die Handelsströme leicht zu beobachten und an der liech- tensteinisch-österreichischen Grenze gab es lediglich ein Hauptzollamt. Fünftens waren alle Beteiligten vom politischen Willen geprägt, dem Kleinstaat Liechtenstein die Integration zu ermöglichen, ohne in Europa neue Grenzen zu schaffen. Kernstück der Doppelmitgliedschaft in EWR und Zollunion ist das Konzept der «parallelen Verkehrsfähigkeit», welches besagt, dass auf liechtensteinischem Gebiet sowohl Waren gemäss EWR-Recht als auch Waren gemäss Zollvertragsrecht in Verkehr gebracht werden dürfen.18 Für die Beziehungen Liechtensteins mit dem Europäischen Wirtschafts- raum ist EWR-Recht massgebend, während im Verhältnis zur Schweiz und anderen Nicht-EWR-Staaten weiterhin Schweizer Recht bestim- mend ist. Liechtenstein schuf unter anderem ein eigenes Amt für Zoll- wesen, eine autonome Technische Prüf-, Mess- und Normenstelle und eine Kontrollstelle für die Zulassung von EWR-Heilmitteln und führte im Verkehr mit den EWR-Staaten die EWR-Ursprungsbezeichnung ein. Zur Verhinderung eines Umgehungsverkehrs in Bereichen mit einem 177 
Liechtenstein vor der Herausforderung der Europäisierung 17Gstöhl, Sieglinde, «Successfully Squaring the Circle: Liechtenstein’s Membership of the Swiss and European Economic Area», in: Hösli, Madeleine und Arild Saether (Hrsg.), Free Trade Agreements and Customs Unions: Experiences, Challenges and Constraints, Brüssel / Maastricht: TACIS European Commission und European In- stitute of Public Administration, 1997, S. 164–165. 18Baur, Georges S., «Die ‹parallele Verkehrsfähigkeit› und analoge Verfahren als Prin- zipien des Europarechts», in: Baur, François und Georges Baur (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen 1996. Liber amicorum zum sechzigsten Geburtstag von Theodor Büh- ler, Zürich: Schulthess Juristische Medien, 1996, S. 83–101.
	        

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