Volltext: 25 Jahre Liechtenstein-Institut

Propagandasendungen zuständig, hat in seinen 1991 erschienenen Me- moiren «Mut und Übermut» Stahmer entsprechend düster geschildert.35 Anders als Stahmer wurde Wickert – selber Nationalsozialist und erst im Laufe der Kriegswende kritischer geworden – einige Zeit nach dem Krieg wieder in den deutschen diplomatischen Dienst aufgenommen.36 Botschafter Stahmers Sohn Heinz-Dieter Stahmer war empört über Wi- ckerts Veröffentlichung, er sah darin eine gezielte Diffamierung seines bereits verstorbenen Vaters. Er sammelte Archivbelege und legte eine Dokumentation zur Widerlegung von Darstellungen und Behauptungen in Wickerts Buch an, erwog gerichtliche Schritte, wandte sich an den deutschen Aussenminister, den Bundespräsidenten und deutsche Amts- stellen, um eine Rehabilitierung von Heinrich Georg Stahmer zu errei- chen. Aber er sei überall hingehalten oder abgewiesen worden.37 Solches Bemühen war nicht einfach. Stahmer habe kurz vor dem deutschen Zusammenbruch – so berichteten zwei Botschaftsangehörige im Dezember 1945 den amerikanischen Besatzungsbehörden – in der Botschaft in Tokio jedem mit Erschiessen gedroht, «who did not believe in German victory».38Ob sich dies wirklich so abspielte, ist offen. Am 9. Mai 1945 dann, dem Tag nach der deutschen Kapitulation, veranstal- tete Stahmer in der Botschaft eine Gedenkfeier «für den im Kampfe um Deutschland gefallenen Führer Adolf Hitler». Er lud dazu Vertreter der japanischen Regierung und der ausländischen Missionen ein. Nachei- nander vorgetragen wurden Wagners Siegfried-Idyll, eine «Gedenkrede des Deutschen Botschafters», ein Stück aus einer Bach-Suite, «Ich hatt’ einen Kameraden», ein «Abschiedsgruss an den Führer», zum Schluss «Lieder der Nation» und Badenweiler Marsch. Es spielten die Nippon 163 
Der Graf von Silum 35Erwin Wickert, Mut und Übermut, Geschichten aus meinem Leben, Stuttgart 1991. 36«Erwin Wickert», Wikipedia-Artikel (19.032011). 37Heinz-Dieter Stahmer, «Dokumentation zur Richtigstellung von Diffamierungen, Verächtlichmachung und Herabsetzung meines Vaters, des ehemaligen Botschafters in Tokyo Heinrich-Georg Stahmer, veröffentlicht durch den ehemal. Botschafter Erwin Wickert in seinem Buch «Mut und Übermut», sowie Beweisunterlagen gegen hierin erschienene Falschberichte über historische Ereignisse», 1992, Privatarchiv Heinz-Dieter Stahmer, Koblenz. 38Aussagen von Dr. Erich Boltze und Hans Ulrich von Marchtaler, aufgeführt im Re- port der US-Besatzungsbehörde in Tokio (GHQ / SCAP / CIS, File 244) bezüglich Ex-Botschafter Stahmer in Tokio, 27. Dez. 1945, Kopie aus den National Archives, Washington, Privatarchiv Heinz-Dieter Stahmer, Koblenz.
	        

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