Volltext: Jahrbuch (2017) (116)

Liechtenstein und nie von der «1. Russischen National- 
armee der Deutschen Wehrmacht» Holmstons. Vom 
Landesarchiv hat Paul Salamay schliesslich Internier- 
ten-Listen und von Henning von Vogelsang dessen Bü- 
cher zur Holmston-Armee? erhalten. Alles in Deutsch — 
doch Paul Salamay spricht Franzósisch. 
2016 hat Paul Salamay im Frühjahr das Heimatdorf 
des Vaters in Polen besucht, im Herbst dann Liechten- 
stein. Hier hat erim Landesmuseums-Shop in Vaduz das 
Buch «Russen in Liechtenstein» (Peter Geiger / Manfred 
Schlapp) entdeckt und darauf mit dem Verfasser 
E-Mail-Kontakt aufgenommen. Die Kommunikation 
zwischen Paul Salamay und dem Verfasser erfolgt auf 
Franzósisch. 
Paul Salamay lebt in Périgueux. Er hat dem Verfasser 
seine ausführliche Familiengenealogie? sowie Doku- 
mente und Fotos zur Geschichte seines Vaters! zur Ein- 
sicht gegeben und zusätzliche schriftliche Fragen beant- 
wortet. Er hat sich einverstanden erklärt mit dem Plan 
des Verfassers, nach weiteren Recherchen im Landes- 
archiv und unter Einbezug jener Familien-Materialien 
das Leben des Holmston-Internierten Josef Salamaj in 
diesem Beitrag für das Historische Jahrbuch zu schil- 
dern. Der Verfasser dankt Paul Salamay sehr. Aus des- 
sen «Genealogie» im Folgenden verwendete Zitate hat 
der Verfasser ins Deutsche übersetzt. 
Der Name Salamaj/Salamay 
Die Schreibweise des Namens spiegelt die verschie- 
denen Lebensstationen. Er lautete ursprünglich «Sala- 
maj», ab 1947 dann «Salamay», wegen der Aussprache, 
nämlich Französisch «-ay» wie «-ai» (deutsch «-ä»). In 
liechtensteinischen Dokumenten 1945 bis 1947 schwankte 
die Schreibweise teilweise bereits, ebenso jene des Vor- 
namens: «Osyp», «Josef», schliesslich «Joseph». Im Fol- 
genden wird bis zur Ausreise aus Liechtenstein «Josef 
Salamaj» verwendet, danach «Joseph Salamay». 
Exemplarisches Zeugnis der Zeitgeschichte 
So kann hier aus der Zahl jener Menschen, welche der 
Krieg 1945 nach Liechtenstein gespült hat, ein einzelnes 
Schicksal herausgegriffen und nachgezeichnet werden, 
das Leben von Josef Salamaj, geboren 1924, gestorben 
2008. 
Die unterschiedlichsten Komplexe und Konflikte 
rücken ins Licht, insbesondere jene seit dem Ende des 
Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 116, 2017 
Ersten Weltkriegs im Grenzgebiet Polen-Ukraine-Sowjet- 
russland, ab 1939 die dortigen Kollaborations- und 
Widerstandsbewegungen unter deutscher und sowjeti- 
scher Besetzung, 1945 die Fluchtwelle, die Internierung 
in Liechtenstein, die Versprechen der sowjetischen Repat- 
riierungskommission, das Drángen der hiesigen Behór- 
den auf Ausreise, die Suche nach einem Emigrationsland 
in Übersee, die Integration in den Aufnahmeländern 
samt Familiengründung, der bleibende Verlust von Her- 
kunftsfamilie und Heimat hinter dem Eisernen Vorhang. 
Zu beginnen ist mit der Herkunft und Jugend von Josef 
Salamaj. 
Josef Salamajs Herkunft 
Im polnisch-ukrainischen Grenzgebiet 
Josef Salamaj wurde am 16. Màrz 1924 in Rzeplin ge- 
boren, einem kleinen Bauerndorf mit hólzernen Hàu- 
sern, gelegen in Galizien, im nórdlichen Karpatenvor- 
land, im Grenzgebiet zwischen den heutigen Staaten Po- 
len, Slowakei und Ukraine. Bis 1918 zum Kronland Gali- 
zien und Lodomerien der ósterreichisch-ungarischen 
Monarchie gehórend, fiel es an das wiedererstandene 
Polen, war kurzfristig Teil einer unabhängigen Ukraine 
und war ab 1921 wieder polnisch, im Distrikt Krakau. 
Die Dörfer in jenem Grenzgebiet waren eth- 
nisch-sprachlich gemischt, polnisch, ukrainisch und jü- 
disch. Ethnische Spannungen herrschten, in jedem Dorf, 
in jeder Stadt. Im Weltkrieg brachen sie tödlich auf. 
1 Peter Geiger / Manfred Schlapp: Russen in Liechtenstein. Flucht 
und Internierung der Wehrmacht-Armee Holmstons 1945-1948. 
Vaduz, Zürich, 1996, S. 183, dort Nr. 469 in der «Rückwandererliste 
der Internierten in Liechtenstein». 
2 Henning von Vogelsang: Nach Liechtenstein — in die Freiheit. Der 
abenteuerliche Weg der «1. Russischen Nationalarmee der Deut- 
schen Wehrmacht» ins Asyl im Fürstentum Liechtenstein, Triesen 
1980. - Henning von Vogelsang: Kriegsende — in Liechtenstein. 
Das Schicksal der Ersten Russischen Nationalarmee der Deut- 
schen Wehrmacht. Freiburg i. Br., 1985. - Henning von Vogelsang: 
Die Armee, die es nicht geben durfte. Ulm-Kisslegg, 1995. 
3 Paul Salamay: Généalogie. L'Histoire en héritage: Chantemille 
& Salamay de Lichtenberg. Unveróffentlichtes Manuskript. Péri- 
gueux, 2017, 327 Seiten. Nachfolgend bei Zitaten vermerkt: Paul 
Salamay: Généalogie (Ms.). 
4 Privatarchiv Paul Salamay, Périgeux: Dokumente und Fotos. 
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