Volltext: Jahrbuch (2017) (116)

Ender sei ausserdem die «Zuhalterin»* eines Jakob Bii- 
chel — angeblich aus St. Margrethen — gewesen. Büchel 
wáre der Vater ihres Sohnes Franz Xaver Ender (1805— 
1855). Zudem sei Jakob Büchel in Bregenz «vor einigen 
Jahren» wegen Diebstahls untersucht worden. Er hätte 
dann für fünf Jahre in das Strafarbeitshaus in Innsbruck 
gehen müssen.” 
Die nachfolgenden Ausführungen belegen eindeutig, 
dass Elisabeth Ender aus wirtschaftlichen Gründen zeit- 
weise ihre liechtensteinische Heimat verlassen musste. 
Sie fand Arbeit als Dienstmagd bei einem Bauern in 
Oberschwaben. Im Alter von 19 Jahren traf sie dort auch 
den Vater ihres ersten Kindes. 
Eine gefälschte Heiratsurkunde 
Die Behörden der Stadt Lindau hatten am 9. Januar 
1807 dem Oberamt in Vaduz gemeldet, gegen Jakob Bü- 
chel laufe eine Untersuchung. Dieser sei der angebliche 
Ehemann von Elisabeth Ender, die er in Waldburg (bei 
Ravensburg) zurückgelassen habe. Man vermute, die 
Frau sei zu ihrer Mutter nach Schellenberg zurückge- 
reist. Jakob Büchel wurde in Lindau einvernommen, 
weil er einen gefälschten Trauschein bei sich hatte.“ 
Jakob Büchel musste erklären, wie er Elisabeth Ender 
kennengelernt habe und wie es zu dieser gefälschten 
Heiratsurkunde gekommen sei. Am sogenannten Blut- 
freitag, dem Tag nach Christi Himmelfahrt, im Jahr 1804 
habe er Elisabeth Ender auf einem Bauernhof bei Wald- 
burg kennengelernt. Er sei als Handwerker dort gewe- 
sen, Elisabeth Ender als Dienstmagd.^? 
Jakob Büchel und Elisabeth Ender seien dann zusam- 
mengeblieben, sie habe bald schon ein Kind von ihm er- 
wartet. Jakob Büchel als zukünftiger Vater hátte Elisa- 
beth Ender die Ehe versprochen, er habe sich deshalb um 
einen Trauschein bemüht. Wie das Paar zu einem sol- 
chen Dokument kam, erläuterte Jakob Büchel bei seiner 
Einvernahme 1807 in Lindau. Ein Soldat und angeblicher 
Theologiestudent aus Italien 
«erbot sich nun, mir aus dieser Verlegenheit zu helffen, 
und mir einen Trauschein eben so gut zu schreiben, als ein 
jeder anderer Geistlicher oder Pfarrherr. Ich nahm sein An- 
bieten an und versprach ihm dafür eine Maass Wein, und 
des andern Tags lieferte er mir diesen Trauschein ein».? 
Dieser Mann kónne jedoch nicht mehr für die Ausstel- 
lung dieses falschen Ehescheins zur Rechenschaft gezo- 
Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 116, 2017 
gen werden, da er inzwischen «in der Schlacht zwischen 
Ulm und Günzburg erschossen worden sey». 
Jakob Büchel sei bereits einmal verheiratet gewesen, 
was er Elisabeth Ender jedoch verschwiegen habe. Die- 
ses Faktum hatte die Beziehung wohl zusehends belas- 
tet. Elisabeth Ender habe den gefálschten Trauschein 
«nie ganz gebilliget, doch war sie damals zufrieden, und 
üusserte nur, es móge qut seyn, bis wir an einen Ort kümen, 
wo sie rechtmässig copulirt werden kónnten, um welches 
sie mich vielmal bete, ich aber in dem gehegten Zweifel, ob 
mein erstes Weib nicht etwa noch lebe, immer abzulehnen 
suchte, weswegen sie mir öfters Vorwürfe machte.» 
Der uneheliche Sohn Franz Xaver Ender 
Elisabeth Ender gebar ihr Kind, den Sohn Franz Xaver 
Ender, am 31. März 1805. Vater dieses Kindes ist mit 
39 LILA J016/1811/004: Landgerichtsakten. Verlassenschaft des Jakob 
Ender und der Anna Maria Ender, geborene Ender, Schellenberg. 
40  Ebenda. 
41  Ebenda. 
42  Ebenda. 
43 Die Tochter Viktoria Ender zum Beispiel heiratete 1801 den aus 
Gótzis stammenden Schuhmacher Johann Keckeis, der dann als 
Hintersasse in Schaan mit seiner Frau eine neue Familie gründete; 
vgl. Pepic-Hilbe, Stammbuch Schaan [2015], Bd. 2, S. 650-651; 
zu Viktoria Ender, verheiratete Keckeis, siehe auch Biedermann, 
Einbürgerungen 2012, S. 48, 67, 80, 81 und 98. 
44 Biedermann, Klaus; Mayr, Ulrike: Schellenberg (Gemeinde). In: 
HLFL. 2 Bde. Vaduz, Zürich, 2013. Bd. 2, S. 837-845, hier S. 842. — 
Zum Hungerjahr 1816/17 siehe den Beitrag von Paul Vogt in die- 
sem Jahrbuch. 
45 LI LA RB K 2/1822-1823, Nr. 37: Kriminalakten Karl Bello. Ab- 
schrift des 22. Verhórs von Katharina Unold beim Zivil- und Kri- 
minalgericht Feldkirch, 9. Februar 1823. 
46 Der unschóne Begriff «Zuhálterin» stand damals nicht unbedingt 
in Verbindung mit Prostitution. Mit den Begriffen «Zuhalterin» 
und «Beihálterin» (und ihren mánnlichen Entsprechungen) be- 
zeichnete man generell Partnerinnen und Partner innerhalb einer 
unehelichen Verbindung. 
47 LI LA RB K 2/1822-1823, Nr. 37: Kriminalakten Karl Bello. 
Abschrift des 22. Verhors von Katharina Unold beim Zivil- und 
Kriminalgericht Feldkirch, 9. Februar 1823. 
48 LILA RA 16/313-315: Elisabeth Ender, unerlaubte Eheschliessung 
und uneheliches Kind. Schreiben der Stadt Lindau an das Ober- 
amt Vaduz, 9. Januar 1807, mit der Bitte um Einvernahme von 
Elisabeth Ender. 
49 LILA RA 16/313-315: Elisabeth Ender, unerlaubte Eheschliessung 
und uneheliches Kind. Einvernahme von Jakob Büchel vor den 
Behörden der Stadt Lindau, 8. Januar 1807. Auszug aus dem Ver- 
hörprotokoll. 
50  Ebenda. 
51  Ebenda. 
52  Ebenda. 
45
	        

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