Volltext: Jahrbuch (2014) (113)

72 Biedermann Klaus: Ein «sündiges Dreimäderlhaus» oder eher bittere Not und 
Armut? 
Anna Honegger verbürgert ist».69 Bühler selbst habe am 6. Dezember 1838 die Vaterschaft anerkannt. Man zog eine Ehe in Erwägung, doch in einem Schreiben des Pfarramts Triesenberg wurde «die Möglichkeit einer Heirath aber in einem Schreiben vom katholischen Pfarr- amte Triesenberg . . . durchaus bestritten».70 Das Oberamt in Vaduz betonte in seinem Schreiben vom 4. Januar 1839, gesandt sowohl an das Bezirksgericht Hinwil wie auch an das Pfarramt Triesenberg, «die Be- willigung – oder Versagung – zur ehelichen Verbindung steht ausschliessend dem fürstlichen Oberamte, und nie den Pfarrämtern zu». Im Übrigen werde der Klägerin zu- gesichert, «dass sie hier eben jenes Recht finden werde, welches einer Liechtensteinerin in gleicher Lage nach den Landesgesetzen zukommen würde, wobey übrigens nur bedauerlich bemerkt werden muss, dass Bühler nur ein sehr geringes Vermögen besitzen solle, welches zu etwaigen Entschädigungen genommen werden könnte. Hiernach wolle die Anna Honegger gefälligst verständigt werden.»71 Drei Dinge fallen in diesem oberamtlichen Schreiben auf: Die staatliche Behörde in Vaduz betont erstens den Pfarreien gegenüber das gesetzlich verankerte Recht, über Eheschliessungen zu befinden; zweitens wird in diesem konkreten Fall von staatlicher Seite eine Ehemög- lichkeit durchaus gesehen, de facto hätte aber Anna Ho- negger zum römisch-katholischen Glauben konvertieren müssen.72 Drittens weist das Oberamt indes darauf hin, dass Augustin Bühler «nur ein sehr geringes Vermögen besitzen solle», was wiederum nicht als Empfehlung für eine Eheschliessung gesehen werden kann.73 Es kam nicht zu einer Eheschliessung zwischen Anna Honegger und Augustin Bühler; das Schicksal des ge- meinsamen Kindes ist aus den Quellen im Liechten- steinischen Landesarchiv in Vaduz nicht erschliessbar. Belegt ist hingegen, dass Augustin Bühler noch im Jahr 1841 beim Baumwollfabrikanten Heinrich Honegger in Rüti tätig war.74 In den Jahren 1840 wurden für Augus- tin Bühler in Vaduz Reisepässe ausgestellt, die für die Schweiz und Frankreich gültig waren; die Gültigkeit be- trug jeweils ein Jahr. Offensichtlich hatte Augustin Büh- ler in diesen Jahren verschiedene Arbeitgeber in einer geographisch nahen Umgebung, so in Lachen, in Jona, in Rapperswil und in Männedorf. Laut Reisepass von 1840 hatte Augustin folgendes Signalement: «35 Jahre alt; Statur: klein; Gesicht: oval; Nase: mittel; Haare: braun; 
Augen: dunkel». Das Statthalteramt Hinwil notierte in Bühlers zweitem Reisepass, dass er «klaglos in hiesi- gem Bezirk» gearbeitet habe und nun nach Rapperswil gehe.75 Augustin Bühler heiratete schliesslich 1845 in Triesenberg Katharina Jungwirth (1811–1875), die aus- sereheliche Tochter von Anna Maria Jungwirth und von Witwer Josef Anton Schädler. Die Ehe blieb kinderlos.76 Anna Maria Jungwirth war eine Enkelin des Lehrers und Schneiders Franz Josef Jungwirth, der 1779 in Triesen- berg eingebürgert worden war. Die meisten Nachkom- men der Familie Jungwirth, oft in handwerklichen Beru- fen tätig, lebten später in der 
Schweiz.77 «Es wird wohl . . . kaum eine Familie geben,   die ärmer wäre als diese» In den Akten taucht Augustin Bühler wieder vermehrt in den letzten Jahren seines Lebens auf. Der Triesenberger Gemeindevorsteher berichtete 1865 der Regierung in Va- duz, Augustin Bühler – dieser zählte nun 62 Jahre – sei «ganz Vermögens los und in betrengter Lage». Die Ge- meinde bitte deshalb die Regierung um einen Unterstüt- zungsbeitrag.78 Dieses Gesuch wurde vom Triesenberger Pfarrer Johann Baptist Büchel79 unterstützt, der in seinem Schreiben vom 23. Juli 1865 das Leben und Schicksal von Augustin Bühler wie folgt näher 
beleuchtet: « . . . August Bühler, ein armer Handwerker, befindet sich seit einem Jahr in einer äusserst armen Lage. Derselbe ging früher immer in die Fremde, und konnte, obwohl schon mehrere Jahre kränklich, wenigstens so viel verdienen, um sich, sein Weib und seine alte Schwiegermutter kümmerlich zu ernähren. Vor einem Jahr erlitt er nun einen Schlaganfall, wurde infolge dessen zu al- ler Arbeit unfähig und musste seither zuhause bleiben. Auch die 70-jährige Schwiegermutter, die er bei sich hat, ist seit längerer Zeit krank, meistentheils im Bette. Jetzt sind diese armen Leute wirklich in einer recht bemitleidenswerthen Lage, müssen ihr Leben durch das Almosen fristen, welches man ihnen ins Haus bringt, das aber hier, wie leicht begreiflich, nur äusserst spärlich fliesst. Es wird wohl im ganzen Fürstenthume kaum eine Familie geben, die ärmer wäre als diese.»80 Pfarrer Johann Baptist Büchel betonte in seinem Schreiben auch, er sei nun seit dreieinhalb Jahren in Triesenberg tä- tig, und in dieser Zeit seien lediglich rund 12 Gulden ös- terreichische Währung aus dem Landesarmenfonds nach
	        

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