Volltext: Jahrbuch (2014) (113)

63 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 113, 
2014 
Rotgerber Xaver Gohm in Feldkirch und Hausmeister Josef Kindle in Balzers10 je 50 Gulden sowie dem Han- delsmann Gregor Schneller 42 Gulden; lediglich 8 Gul- den gelangten in bar an den Verkäufer Josef Anton Dürr. Es heisst zudem im Kaufvertrag, dass Xaver Gohm dieses Grundstück «zu unter Pfand hat».11 Auffallend ist fer- ner der Hinweis, dass der zu verkaufende Boden an ein Grundstück einer «Catharina Dürin» grenzt. Dies könnte jenes Viertel des Ackers sein, welches die Familie Dürr nicht verkauft hatte.12 Gemäss dem Seelenbeschrieb der Gemeinde Bal- zers von 1809 wohnte Josef Anton Dürr mit seiner Fa- milie im Haus Nr. 32, welches im Besitz seiner Schwie- gereltern Stefan Foser (1738–1811) und Theresia Foser (1743–1820), geborene Frick, war.13 Die Kinder Katha- rina, Theresia und Elisabeth Dürr waren zu diesem Zeit- punkt zwölf-, neun- und vierjährig. Zum Haushalt die- ser Kleinbauernfamilie gehörten damals eine Kuh, eine Nachzucht (das heisst ein Kalb) und ein Schwein – ein relativ geringer Besitz an Nutztieren, was auf recht ärm- liche Verhältnisse schliessen lässt.14 Sowohl Josef Anton Dürr als auch seine Frau Maria Franziska verstarben beide im Jahr 1814, der Mann am 28. Januar, die Frau am 11. Februar.15 Es lebte zu diesem Zeitpunkt zwar noch die betagte Grossmutter Theresia Foser, doch die drei Enkelinnen – nunmehr siebzehn-, dreizehn- und achtjährig – waren offenbar weitgehend auf sich allein gestellt. Dieser Umstand mag zu einer ge- wissen Verwahrlosung dieser jungen Frauen beigetragen haben. Der Balzner Pfarrer machte in seinem bereits er- wähnten Schreiben von 1826 auf gravierende Missstände in diesem Haushalt aufmerksam; davon wird noch die Rede 
sein.16 Die ledige Katharina Dürr gebärt Zwillinge Katharina Dürr arbeitete zeitweise als Dienstmagd in Zizers (GR), beim dortigen Hausmeister Conrad. Dort gebar sie am 15. März 1820 Zwillinge, ohne verheiratet zu sein. Die Obrigkeit der Gemeinde Zizers verständigte mit Express-Schreiben das Oberamt in Vaduz. Am dar- auffolgenden Tag wurde Katharina Dürr einvernommen. Das Verhör wurde von Peter Spadino in Zizers geleitet, der die Aussagen der Frau protokollierte. Die Behörden in Zizers betonten, dass gemäss den Gesetzen des Kan-tons 
Graubünden kein Kind getauft werden dürfe, bevor nicht ein Geständnis der Vaterschaft sowie ein Heimat- schein des Vaters vorliege. Falls dieses Eingeständnis und dieses Dokument nicht eintreffen würden, müsste man die Frau mitsamt den neu geborenen Kindern in ihre Heimat abschieben.17 Vor dem Ortsgericht Zizers sagte Katharina Dürr aus, dass ein gewisser Anton Hermann aus Vaduz der Vater der beiden Zwillinge sei. Katharina berichtete über des- 1  Franz Büchel: Beiträge zur Geschichte 842–1942. Gemeinde Bal- zers. Balzers 1987, hier S. 184–186: Ein sündiges Dreimäderlhaus (1826). (Kurzbeleg: Büchel 1987) 2  Klaus Biedermann: «Aus Überzeugung, dass er der Gemeinde von grossem Nutzen seyn werde». Einbürgerungen in Liechten- stein im Spannungsfeld von Staat und Gemeinden 1809–1918. Vaduz, Zürich, 2012, hier insbesondere Kapitel 7. (Kurzbeleg: Biedermann 2012) 3  Ebenda. Siehe insbesondere die Stammbäume zu liechtensteini- schen Unterschicht-Familien, zum Beispiel auf den Seiten 170, 180, 188, 193, 200 und 208. 4  Praktisch alle gesichteten Quellen entstammen dem Liechten- steinischen Landesarchiv (LI LA). Eine Anfrage an das Gemein- dearchiv in Balzers ergab, dass dort keine weiteren Quellen zur Familie Dürr vorliegen; Mitteilung von Heinzpeter Vogt an den Autor, 30. April 2014. 5  Fridolin Tschugmell: Balzner-Mälser Geschlechter 1417–1950. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liech- tenstein (JBL). Band 57. Vaduz, 1957, S. 47–134, hier S. 60–61 (Kurzbeleg: Tschugmell 1957); vgl. auch Biedermann 2012, S. 95: Hintersassen hatten bis 1842 jährlich eine kleine Geldsumme an ihre Wohngemeinde zu entrichten, zudem mussten sie dem Rentamt ein jährliches Untertanenschutzgeld bezahlen. 6  Tschugmell 1957, S. 60. 7  Fridolin Tschugmell: Familienbuch Balzers-Mäls 1640–1950 (Ms.), S. 286. (Kurzbeleg: Tschugmell 1950). 8  LI LA RA 47/823: Kaufvertrag zwischen Josef Dürr, Hintersass in Balzers, und Landammann Franz Anton Frick, 6. Juni 1803. 9  Hans Stricker; Toni Banzer; Herbert Hilbe: Liechtensteiner Na- menbuch. Werkteil I: Die Orts- und Flurnamen des Fürstentums Liechtenstein. 6 Bände. Vaduz, 1999. Band 1, S. 82. 10  Josef Kindle beaufsichtigte als Hausmeister eine Zuschg in Bal- zers. 11  LI LA RA 47/823: Kaufvertrag zwischen Josef Dürr, Beisass in Balzers, und Landammann Franz Anton Frick, 6. Juni 1803. 12  Ebenda. 13  Es handelte sich um einen Stefan Foser, dessen Familie – laut Tschugmell – bislang im Stammbaum der Balzner Bürgerfamilie Foser nicht untergebracht werden konnte; vgl. Tschugmell 1950, S. 67. 14  Tschugmell 1957, S. 112. 15  Büchel 1987, S. 184. 16  LI LA RB 6/1826: Schreiben von Pfarrer Josef Anton Theuille an Landvogt Josef Schuppler, 15. März 1826. 17  LI LA RB V 3/1820: Uneheliche Zwillinge von Katharina Dürr, deren Einvernahme vor dem Ortsgericht Zizers, 16. März 1820.
	        

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