Volltext: Jahrbuch (2014) (113)

25 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 113, 
2014 
Nach dem Frieden von Basel vom 22. September er- langten die Brandiser ihre Freiheit und ihren Besitz wieder. Ludwig wurde Anfang November aus der Ge- fangenschaft entlassen,96 seine Brüder Sigmund II. und Thüring IV. wohl etwa gleichzeitig. Am 6. Dezember be- schloss die Tagsatzung, die Brandiser wieder in ihren Be- sitz einzusetzen und die Vaduzer und Maienfelder Un- tertanen aus ihren Eiden zu entlassen. Die Übergabe von Vaduz wurde am 13. Dezember vollzogen.97 Die Folgen des Kriegs lasteten jedoch schwer auf den brandisischen Herrschaften; die Freiherren selbst hatten mit finanzi- ellen Schwierigkeiten zu kämpfen.98 Die Brandiser lehnten sich nun stärker an Österreich an. 1504 trat Sigmund II. in Verhandlungen mit König Maximilian über einen Verkauf von Maienfeld, wobei nebst politischen auch finanzielle Überlegungen – die Herrschaft war mit schweren Schulden belastet – eine Rolle spielten.99 Obschon Maximilian grosses Interesse an der Erwerbung Maienfelds zeigte, kam die Trans- aktion bis zum Tod Sigmunds II. 1507 wegen Finanz- schwierigkeiten der Tiroler Kammer nicht zustande. Im- merhin gelang es Sigmund II., aus der Konkurrenz um Maienfeld – es zeigten sich auch die Drei Bünde, Luzern sowie der Bischof von Chur am Kauf interessiert – ei- niges Kapital zu schlagen. Die exponierte Lage der bran- disischen Herrschaften erwies sich nun als Vorteil.100 1505 schloss Sigmunds II. Bruder Ludwig einen Schirmvertrag mit Kaiser Maximilian, in dem er sich verpflichtete, das Schloss Vaduz der Herrschaft Österreich offenzuhal- ten.101 Das bernische Bürgerrecht behielten die Brandiser zwar bei, Bern musste die Zahlung der Udelzinsen (der Abgaben, die Ausbürger zu entrichten hatten) jedoch wiederholt 
einmahnen.102 Das Ende von «Stamm und Namen» Die Familienpolitik der Brandiser, die darauf ausgerich- tet war, den Familienbesitz ungeteilt zu erhalten, barg das Risiko des Erlöschens von «Stamm und Namen». Im frühen 16. Jahrhundert führten eine Reihe von frü- hen Todesfällen sowie das Ausbleiben von Erben zum Aussterben in der Manneslinie. Die Ehen von Ludwig mit Katharina von Gundelfingen und von Sigmund II. mit Katharina von Hewen blieben kinderlos. Werner III. wie Thüring IV. verstarben früh und konnten die ihnen 
zugedachte Rolle als «Ersatzregenten», die in die Posi- tion von Ludwig und Sigmund II. hätten nachrücken können, nicht erfüllen. Nachdem Ludwig (Sommer 1506) und Sigmund II. (18. November 1507) kurz nacheinan- der verstorben waren, war der Geistliche Johannes der einzige verbleibende legitime männliche Vertreter. Jo- hannes übernahm gemeinsam mit seinem Neffen Graf Rudolf von Sulz, dem Sohn seiner Schwester Verena, die Regentschaft.103 
Die Rückkehr in den Laienstand, um den «Stamm und Namen» der Brandis fortzusetzen, scheint Johannes jedoch nicht ins Auge gefasst zu haben, obwohl solche Laisierungen rechtlich durchaus möglich und, wie zahlreiche Beispiele zeigen, auch keineswegs 91  LUB II, Urk. vom 25. April 1475, 15. Juni 1477. Vgl. Hitz, Fürsten, S. 87 f. 92  StASZ, Urk. 653 (12. Dezember 1485). 93  Jecklin, Materialien 2, Nr. 94 (o. D., zweite Hälfte 1468 – nicht 1489). Zur Datierung: Der Text, ein Bericht an einen ungenannten österreichischen Empfänger (Herzog Sigmund?), muss in Zusam- menhang mit dem Versuch des Gotteshausbundes von 1468, den Churer Bischof durch die Einsetzung eines 24-köpfigen Rats zu entmachten, entstanden sein, und zwar nach der im Text erwähn- ten Heirat des Mailänder Herzogs Galeazzo Maria Sforza und Herzogin Bona von Savoyen (12. Mai 1468). Zu den Ereignissen von 1468 vgl. Castelmur, Verfassung. Ortlieb von Brandis war seit 1458 Rat von Herzog Sigmund, vgl. TLA, Hs. 111, folio 354 (25. Oktober 1458). 94  BBB, Familienarchiv von Graffenried, Nr. 1, S. 47 f. Das Schreiben ist lediglich als Abschrift von 1717 überliefert. Der Text ist teil- weise zerstört, kann jedoch anhand einer Mitte des 19. Jahrhun- derts angefertigten Abschrift der Abschrift von 1717 (BBB, Mss. Mül.435) rekonstruiert werden. 95  Zum Schwabenkrieg vgl. Stettler, Eidgenossenschaft, S. 309–350. Zu den regionalen Ereignissen vgl. Gurt, Schlacht von Triesen; Bütler, Brandis, S. 133–140; Niederstätter/Sonderegger/Tschaik- ner, Walgau, S. 85–88. 96  Vgl. RQBE I/4.1, Nr. 182d, Bemerkung 1 (6. November 1499). 97  EA III/1, S. 656, Nr. 672ww; LUB II, Urk. vom 13. Dezember 1499. 98  Hinweise auf Kriegsschäden z. B. in e-archiv.li, Österreichisches Staatsarchiv, Dok. vom 14. April 1503; RI XIV/4.2, Nr. 21019 (21. März 1504). 99  RI XIV/4.1, Nr. 18076 (5. Januar 1504); RI XIV/4.2, Nr. 21266 (16. Juli 1504), Nr. 21341 (14. August 1504); RI XIV/4.1, Nr. 19256a (22. Oktober 1504); RI XIV/4.2, Nr. 21720 (21. November 1504). Vgl. Gillardon, Erwerbung, S. 161–165. 100  Noflatscher, Liechtenstein, S. 137; Gillardon, Erwerbung, S. 165–170. 101  LUB II, Urk. vom 2. Mai 1505. 102  StABE, A III 13, folio 444v (16. Februar 1504); StABE, A V 1356, Nr. 159 (8. Dezember 1504); StABE, A III 14, folio 149v (21. Febru- ar 1506). 103  Vgl. z. B. LUB II, Urk. vom 2. April 1508 (GemeindeA Fläsch U35), 2. April 1508 (StadtA Maienfeld U109).
	        

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