Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

50Platz Dorothee: «Bringt klagbahr vor und ahn 
…» 
an, welcher alles abstritt und «zur straf in den Thurm ge- legt worden seiner hallsterrigckeit halber».258 Auch bei den Gewaltdelikten gab es Alternativstrafen. Der Eschner Benedikt Marxer klagte gegen den eben- falls aus Eschen stammenden Anton Thöni, weil dieser Benedikt Marxer in seinem Wohnhaus überfallen und verprügelt habe. Das Verhörtagsgremium legte Anton Thöni eine Geldstrafe von zwei Gulden auf, liess ihm aber die Möglichkeit, sich stattdessen für 24stündiges Beten in einer Kirche zu entscheiden. Offenbar war Be- nedikt Marxer aber nicht ganz unschuldig an diesem Ge- schehen. Zudem war er bei den Verhörtagen kein Unbe- kannter und war schon früher mehrfach als Beklagter in Erscheinung getreten. Diese Umstände mögen dazu bei- getragen haben, dass er, obwohl er Kläger in diesem Pro- zess war, ebenfalls verurteilt wurde. In seinem Fall fiel die Strafe jedoch wesentlich milder aus: Er musste ent- weder einen Gulden bezahlen oder eine Stunde lang in einer Kirche beten.259 Solche Strafen, die mit Beten oder Wallfahrten einhergingen, wurden bei Gewaltdelikten häufiger verhängt. Auch der Sohn des Jörg Gassner, der «in der kirche getruckht» hatte (eine Schlägerei angezet- telt hatte), musste nach einer Begnadigung Abbitte in der St. Wolfgangs-Kapelle in Maschlina leisten. Ursprünglich sollte er jedoch in eine Trülle gesperrt werden.260 Eine Trülle ist eine Art Holzkäfig, in dem verurteilte Delin- quenten wie an einem Pranger auf einem öffentlichen Platz zur Schau gestellt wurden. Spektakulär ist der Fall der Maria Konrad, die ihren eigenen Ehemann wegen häuslicher Gewalt anzeigte und daher ihre Mitgift von immerhin stolzen 150 Gulden einbehielt. Das Verhörtagsgremium ermahnte den prü- gelnden Ehemann, in Zukunft von «schläg und stößen» abzusehen und seiner Frau «alle Eheliche lieb und Treü» zu zeigen. Die Klägerin wiederum musste im Gegenzug ihre Mitgift zur Verfügung stellen.261 Damit es gar nicht erst zu einem vorehelichen Ver- hältnis kommen sollte, glaubten sich Konrad Marxer aus Eschen, Josef Wagner, Ignatz Schächle, Andreas Batli- ner und Stephan Banzer dazu berufen, zwei Jungen aus Ruggell, welche heimlich die Tochter des Adam Öhri besuchten, verprügeln und mit Kuhfladen bewerfen zu dürfen.262 Ein Urteil ist im Verhörtagsprotokoll zu diesem Prozess nicht zu finden. Doch schon kurze Zeit später standen Konrad Marxer und Andreas Batliner erneut vor Gericht, weil sie zusammen mit Christoph Katzer Anton 
Landesfähnrich Leonti Frick verklagte Thomas Brunhart, den Hausmeister in Balzers, weil dieser nicht nur die Fa- milie Frick als «Hexenleut» verunglimpft hatte, sondern gegenüber Leonti Frick auch noch handgreiflich wurde.252 Dieses Verfahren zog sich über mehrere Verhörtage hin. Die geplante Zeugenvernehmung bei der nächsten Ver- handlung musste abgebrochen werden, weil sich die Be- teiligten «gantz tumultuos auffgeführt, undt d[en] respect gegen die obrigkeith verlohren» hatten. Zudem hatte sich Landammann Banzer «zue partheysch erzeiget».253 Der Prozess wurde daraufhin ergebnislos vertagt. Wie dieser Fall endete, bleibt offen.254 Wie wach die Erinnerung an die Hexenprozesse noch war, zeigt die Klage des Eschners Jost Thöni senior ge- gen seinen eigenen Bruder, Thomas Thöni. Die beiden Brüder hatten sich in einem Streit um die Hinrichtung von Jost Thönis Sohn während der Hexenprozesse eine Schlägerei geliefert. Das Verhörtagsgremium bestrafte beide Streithähne mit Strafzahlungen in Höhe zwei Gul- den für Jost Thöni und vier Gulden für Thomas Thöni.255 Im Fall von Eva Marxer, die offenbar zum evange- lisch-lutherischen Glauben konvertiert war, gab es zwar noch keine Gewaltausübung, doch wurde sie von Georg Marxers Frau nach einer «Austreibung» mit Gewalt be- droht. Eventuell handelte es sich bei der beschriebenen Austreibung um einen Exorzismus. Laut Protokoll gab es kein Urteil.256 Auch bei Unstimmigkeiten zu einem auf Anhieb banal erscheinenden Anlass gab es des öfteren Gewaltanwen- dungen. Johannes Frick aus Balzers verklagte Balthasar Kaufmann, ebenfalls aus Balzers, weil es wegen eines Holzfrevels zu handgreiflichen Auseinandersetzungen gekommen war. Balthasar Kaufmann hatte Johannes Frick «zwey mahl sehr hart geschlagen» und «bey die haar ge- nohmmen». Der Kläger konnte sein Ziel jedoch nur teil- weise erreichen: Während Balthasar Kaufmann tatsäch- lich für seine Gewalttätigkeiten zu einer Geldstrafe von sechs Pfund Pfennig verurteilt wurde, musste Johannes Frick wegen Holzfrevels zwei Reichstaler bezahlen.257 Besonders streng fiel die Strafe im folgenden ziemlich verwirrenden Prozess aus: Bei der Hochzeitsfeier in Trie- senberg von Christian Beck junior mit Anna Frommelt kam es zu einer Schlägerei zwischen Georg Frommelt, dem Bruder der Braut, und Maria Beck, der Schwester des Bräutigams. Der ziemlich verärgerte Brautvater, Christian Beck senior, zeigte daraufhin Georg Frommelt
	        

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