Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

29 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 112, 
2013 
leistete Anordnungen der Geschworenen keine Folge und musste dafür 45 Kreuzer Strafe zahlen.124 Wesentlich härter wurde Bernhard Mündle aus Eschen bestraft: Weil er einen Landesverweis nicht hinnahm und weiterhin im Land blieb, wurde er zu Kerkerhaft verurteilt.125 Auch Frauen beugten sich nicht immer den Urteilen, wie das Beispiel von Barbara Schurti aus Triesen zeigt. Was ihr ursprüngliches Verbrechen war, gibt das Proto- koll nicht wieder. Offenbar sollte sie als Strafe mit einer Halsgeige zur Schau gestellt werden, was Barbara Schurti jedoch vehement ablehnte. Das Tragen einer Halsgeige deutet auf eine Ehrenstrafe hin und lässt vermuten, dass es sich bei Barbara Schurtis ursprünglichem Verbrechen um keine gravierende Untat gehandelt hat. Die Delin- quentin wurde «güttlich befragt, warumben sie sich zwey mahl des gehorsambs entworffen, und die andicierte Straff nit vollziehen wolle?» Barbara Schurti beharrte auf ihrer Unschuld und berief sich, «alle leuthe haben gesagt sie wäre unschuldig». Sie gab an, dass sie «lieber wahl- fahrten wolte, alß die geigen [zu tragen] ...». Als Zeugen für ihre Unschuld gab sie neben dem Pfarrer wiederum ganz allgemein Leute an, die zu ihr gesagt hätten, «sie solte nit auß der kirche gehen» – das Verweilen im Kir- chengebäude bot Schutz. Beim Verhörtag wurde Barbara Schurti daraufhin gefragt «Wer ihr gesagt daß sie nicht solte aus der kirche gehen?» Die Beklagte antwortete daraufhin reserviert «Sie gebe keinen mehr an, den es wären viele gewesen, die ihr gewünckhen haben.» Es ist rein spekulativ, weshalb Barbara Schurti sich weigert Na- men zu nennen: Liegt es daran, dass sie keine konkreten Personen benennen konnte oder wollte sie vermeiden, dass weitere Menschen in diesen Fall mit hineingezogen werden? Die Erinnerungen an die Hexenprozesse des vergangenen Jahrhunderts und die Folgen für einzelne Personen, wenn sie in einem Verhör namentlich genannt wurden, dürften auch 1718 noch tief im Gedächtnis der Menschen gehaftet haben. Letzten Endes musste Barbara Schurti zuerst eine Nacht im Kerker von Schloss Vaduz verbringen, anschliessend an einer Frühmesse in Vaduz teilnehmen und sich schliesslich mit einer Halsgeige in Triesen zur Schau stellen lassen.126 Holzfrevel Wälder bildeten eine der wichtigsten Rohstoffquellen: Sie lieferten nicht nur Brennholz für den privaten Ge- brauch, sondern auch Nutzholz für Kleinbetriebe oder 
Material für die Umsetzung von Bauvorhaben wie die Errichtung von Häusern und Wuhren. Mit einer wach- senden Bevölkerung und der Herausbildung frühin- dustrieller Strukturen wurde mehr und mehr Holz be- nötigt. Damit die Wälder jedoch nicht planlos abgeholzt und geplündert wurden, regelten Waldordnungen den Umgang mit den Wäldern. Hierin war Art und Umfang der Waldnutzung festgeschrieben. Es war also festgelegt, wer welche Mengen Brenn- und Bauholz schlagen durfte oder wo Tiere geweidet werden durften. Die Aufsicht über die Einhaltungen dieser Bestimmungen oblag den Forstknechten, auch «Waldhirten» genannt. Eine der frü- hesten Waldordnungen erliess 1504 Freiherr Ludwig von Brandis.127 
1530, 1658 und 1732 wurden neue Waldord- nungen erlassen.128 Aufgrund der enormen Bedeutung der Wälder lau- teten in den Verhörtagsprotokollen häufig die Anklage- punkte auf Holzfrevel oder Holzdiebstahl. Jakob Han- nibal Hoop in Ruggell, der einen Holzfrevel begangen hatte, musste dafür eine Strafzahlung von 13 Gulden und 45 Kreuzern leisten. Noch während des Verhörs wurde er jedoch zu acht Gulden begnadigt.129 Hier folgt nun wiederum ein Beispiel für eine wesentlich mildere Strafe für das gleiche Delikt: Matthäus Mayer in Triesenberg, Georg Matt und Ulrich Allgäuer bekamen lediglich ei- 114 LI LA AS 1/3, Fol. 133v, 23. November 1707. 115 LI LA AS 1/3, Fol. 160v, 28. März 1708. 116 LI LA AS 1/4, Fol. 90v/3, 25. März 1701. 117 LI LA AS 1/4, Fol. 203r, 22. März 1706. 118 LI LA AS 1/3, Fol. 72r, 13. November 1706. 119 LI LA AS 1/4, Fol. 39r/1, 10. November 1699. 120  Vgl. Policey- und Landtsordnung des Reichs-Fürstenthums Liech- tenstein 1732, LI LA RA 1/16/6. 121  LI LA AS 1/4, Fol. 39r/1, 10. November 1699; LI LA AS 1/4, Fol. 80r/1, 11. Oktober 1700; LI LA AS 1/4, Fol. 173r/1, 30. März 1705. 122  LI LA AS 1/4, Fol. 43r, 12. Januar 1700; LI LA AS 1/4, Fol. 68v/3, 7. Juli 1700. 123 LI LA AS 1/3, Fol. 17r/5, 16. April 1692. 124 LI LA AS 1/3, Fol. 17v/1, 16. April 1692. 125 LI LA AS 1/4, Fol. 173r/1, 30. März 1705. 126 LI LA AS 1/5, Fol. 229r, 19. August 1707. 127 LI LA RA 10/2/8/1. 128  Waldordnung des Grafen Rudolf von Sulz 1530, LI LA RA 10/2/8/2/1–2; Sulzisch-Hohenemsisches Urbar 1613 mit Wald- ordnung von 1658, LI LA Schä U 115; Waldordnung des Reichs- Fürstentums Liechtenstein 1732, LI LA RA 10/2/8/5/7–8; als Ge- samtübersicht siehe Landesforstamt, Abschriften alter Waldord- nungen 1530–1953, LI LA V 14/1530/1. 129 LI LA AS 1/4, Fol. 157v/1, 24. September 1704.
	        

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