Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

177 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 112, 
2013 
«Finanzkrise», «platzende Spekulationsblase», «abstür- zende Währung», «Staatsbankrott». Nicht etwa von der Gegenwart handelt das zu besprechende Buch, aus dem diese Stichworte stammen, sondern von den betrüge- rischen Strategien eines römisch-deutschen Kaisers und einiger aristokratischer Kriegsunternehmer und bürger- licher Bankiers zur Finanzierung jenes grossen Kriegs der europäischen Völker und Konfessionen, welcher den alten Kontinent im 17. Jahrhundert während dreissig Jahren verheeren sollte. Und an denen Fürst Karl I. von Liechtenstein (1569–1627), der Grossvater des späteren Käufers der Herrschaften Vaduz und Schellenberg, Fürst Johann Adam I. Andreas, in so zentraler Weise beteiligt war, dass diese Episode aus der europäischen Kriegs- und Finanzgeschichte auch im weit vom damaligen Ge- schehen entfernten Fürstentum im Alpenrheintal auf In- teresse stossen muss. Das Buch von Steffen Leins geht zurück auf eine Magisterarbeit des Autors an der Universität Tübingen, die gleich mit drei Wissenschaftspreisen ausgezeichnet wurde: dem Wilhelm-Deist-Preis für Militärgeschichte, dem Hannelore-Otto-Preis für Geschichte von Gewalt und Krieg sowie dem (nicht unumstrittenen) Werner- Hahlweg-Förderpreis für Militärgeschichte und Wehr- wissenschaft. Es handelt sich um die erste Monographie zum Thema, mit welcher es gelinge – so schreibt Leins selbst – «ein durchaus zusammenhängendes, synthetisches Bild» der Vorgänge zu entwerfen, welches «alte Perspek- tiven überwindet und geradezu einen gänzlich neuen Blick auf das Prager Münzkonsortium gewährt» (S. 22). 
Das Prager Münzkonsortium 1622/23 Ein Kapitalgeschäft im Dreissigjährigen Krieg am Rand der Katastrophe Fabian FrommeltSteffen Leins: Das Prager Münz- konsortium 1622/23. Ein Kapi- talgeschäft im Dreißigjährigen Krieg am Rand der Katastrophe. Aschendorf Verlag, Münster, 2012. 208 Seiten. Broschiert. ISBN 978-3402129517 CHF 39.90, Euro 29.–1  Die folgende Zusammenfassung stützt sich auf das Buch von Stef- fen Leins; Zitate daraus sind im Text in Klammer 
nachgewiesen. 
Diesen Anspruch versucht Leins durch die erstmalige Zusammenführung aller edierten Quellen und ergän- zende Aktenstudien im Wiener Hofkammerarchiv zu erfüllen. Zentrale Quellen sind jedoch verschwunden, weshalb nicht alle wichtigen Fragen mit befriedigender Klarheit beantwortet werden können. Leins bettet sein Thema zunächst in den allgemeinen Zusammenhang des Wandels der Kriegsführung und Kriegsfinanzierung ein und legt kurz die Quellen- und Forschungslage dar. Dann gliedert er seinen Stoff in drei Hauptteile: Unter dem Titel «Das Netzwerk des Konsor- tiums» werden neben den am Münzkonsortium betei- ligten Personen auch dessen Hintergründe dargestellt. Die beiden weiteren Teile behandeln die «Tätigkeit» und die «Konsequenzen» des Konsortiums. Jedes der insge- samt neun Unterkapitel schliesst mit einer Zwischenbi- lanz, welche die Argumentation nochmals auf den Punkt bringt. Im Anhang finden sich eine Edition des Konsorti- umsvertrags sowie ein Orts- und Personenregister. An detaillierten, leicht zugänglichen Informationen über das Münzkonsortium bestand bislang ein Mangel. Im Folgenden werden deshalb zunächst die Vorgänge rund um das Konsortium im Überblick dargestellt, so- weit sie von Leins rekonstruiert werden konnten. Ein zweiter Abschnitt widmet sich einzelnen durch das Buch aufgeworfenen 
Fragen. Das Prager Münzkonsortium: Hintergründe, Personen, Vorgänge, Folgen1 Das Konsortium Am 18. Januar 1622 schloss die kaiserliche Hofkam- mer in Wien im Namen des Kaisers und böhmischen Königs Ferdinand II. einen streng geheimen Vertrag mit dem Prager Bankier Hans de Witte und dessen «Mit- Consorten». De Witte und seinen Compagnons wurde das gesamte Münzwesen Böhmens, Mährens und Nie- derösterreichs auf ein Jahr um die enorme Summe von sechs Millionen Gulden verpachtet. Dieses Geschäft, das mit vollem Wissen und Einverständnis des Kaisers zustande kam, war delikat. Zum einen, weil die Ver- Kapitel_7_Rezensionen.indd   17711.06.13   15:49
	        

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