Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

165 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 112, 
2013sind. 
Darunter jene mikroverfilmten deutschen Akten aus dem Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes über offizielle wie informelle liechtensteinisch-deutsche Kon- takte, die in ersten Studien deutscher (!) Historiker seit 1986 publik geworden sind. Freilich haben die damals einsetzenden Forschungen von Peter Geiger und zuletzt die Studien der UHK zu einem bis dato eindrücklichen Ertrag an historischer Erkenntnis und Quellenkunde ge- führt, auf den die Bearbeiter der Edition nunmehr zu- rück greifen 
konnten. Deutungsbedürftige Quellen Ihrem Anspruch, aufschlussreiche Quellen für wissen- schaftliche Fragestellungen zu publizieren, die inhaltlich ein breites politisches, wirtschaftliches und gesellschaftli- ches Spektrum abdecken, wird die Edition in zweifacher Hinsicht gerecht: Zum einen durch die sachkundige Aus- wahl und ausführliche Wiedergabe von Quellentexten im Hauptteil des Buchs, dem mit über 500 Seiten über drei Viertel der Publikation vorbehalten sind. Zum an- deren durch eine hervorragende editorische Quellenver- zeichnung, -kommentierung und -gliederung. Die gut lesbar gemachte und mit instruktiven Fuss- noten begleitete Sammlung von Dokumenten gibt diese in chronologischer Reihung wieder und schöpft dabei nicht nur aus den Akten der staatlichen Verwaltung, Gesetzgebung und Regierungstätigkeit. Beigezogen wurden auch weitere im Landesarchiv vorhandene Be- stände, darunter die Tagespresse jener Jahre aber auch Privat- und Vereinsdokumente, wie etwa die Schulungs- blätter und Korrespondenzen der nationalsozialistischen VDBL. Aus diesem Fundus kommen die Einstellungen und Gestimmtheiten, die Überlegungen und Vorbehalte unterschiedlicher historischer Akteure zur Sprache, pro- nonciert und hasserfüllt, aber auch hintergründig andeu- tend, verhalten und abwartend. Es sind, wie Paul Vogt zu bedenken gibt, nicht unbedingt «wahre», faktentreue Mitteilungen, die uns in den Quellen begegnen, und von diesen zu sagen: «Sie dokumentieren unmittelbar das Denken der Akteure, deren Emotionen und Werthal- tungen» (Vorwort Regierungsrätin Aurelia Frick) ist, mit Verlaub, unbedarft. Die Quellen geben vielmehr einen Eindruck von der Subjektivität und Standpunktabhängigkeit ihrer Auto- 
jekt dadurch zu, dass die von Frey und Ospelt erstellte Datensammlung zugleich Grundlage für eine Online- Publikation geworden ist. Darin sind nicht nur die gut 1’000 für das Editionsprojekt vorgemerkten Dokumente als Bildwiedergabe des Originals und im standardisier- ten Volltext enthalten, online werden auch weitere Do- kumente zur Landesgeschichte eingearbeitet und durch- suchbar. Die Web-Adresse www.e-archiv.li ist somit eine Frucht dieses Landesarchiv-Editionsprojekts und eröff- net ein Forschungsmedium, das für Historikerinnen und Historiker im 21. Jahrhundert üblich geworden 
ist. Arbeits- und Unterrichtsmittel Die Quellenedition zu den Jahren 1928 bis 1950 erweist sich bei genauer Lektüre als solides Arbeitsmittel für For- schende, zugleich als Einführung in eine entscheidende Phase der Landesgeschichte; sie ist wissenschaftlicher Kompass für Fachleute und wissensvermittelndes Kom- pendium für Lehrende und Lernende in einem. Und sie folgt darin einer Anregung der UHK, welche in ihrem Schlussbericht meinte, dass ein «Quellenband zur Ge- schichte der dreissiger und vierziger Jahre in Liechten- stein» wünschbar wäre, zur Ergänzung ihrer Studien und zu ihrer Veranschaulichung im Unterricht. Tatsächlich wäre die gegenständliche Edition kaum vorstellbar ohne die Vorleistung einer gründlichen Erforschung der do- kumentierten Zeitspanne. Anders formuliert: Wäre eine Quellensammlung dieser Art nur 20 Jahre früher erschie- nen, Anfang der 1990er, wir hätten es mit einem grund- legend anderen Hergang der Zeitgeschichtsforschung in Liechtenstein zu tun. Dass diese Zeitgeschichtsforschung erst 40 Jahre nach Weltkriegsende mit politischem Rückhalt und wissen- schaftlichem Eifer einsetzte, dass die Weltkriegsjahre lange Tabu waren, wird auch dieser Publikation – man möchte fast sagen gebetsmühlenartig – im Vorwort der Regierungsrätin Aurelia Frick vorangestellt. Hierbei wird nicht nur übersehen, dass erste Schritte in Richtung ei- ner Veröffentlichung zeithistorischer Dokumente bereits mit der Jubiläumspublikation «Liechtenstein 1938–1978» gesetzt wurden. Es wird auch übergangen, dass schon in den 1960er Jahren durch Staatsarchivar Robert Allgäuer wichtige liechtensteinbezogene Dokumente auslän- discher Herkunft für das Landesarchiv beschafft worden Kapitel_7_Rezensionen.indd   16511.06.13   15:49
	        

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