Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

69 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 111, 
2012 
geschickt, um Italienisch zu lernen. Auch äusserte er den Wunsch, Mathematik zu studieren. Durch den fort- währenden Geldmangel war er in seiner Erziehung ge- genüber dem älteren Bruder immer benachteiligt. Das erscheint insofern ungerecht, als Ferdinand Karl als be- sonders schwierig galt und alle Anstrengungen und Mü- hen, ihm eine gute Bildung zuteil werden zu lassen, ver- weigerte.43 
Ferdinand Karl zeigte bereits in den wenigen Jahren der Vormundschaft, dass er für eine Regierung in Vaduz und Schellenberg vollkommen ungeeignet war. Er hatte Probleme in der Konversation, mied die Gesell- schaft anderer Leute. Statt sich mit Personen seines Stan- des zu befassen, verbrachte er seine Zeit lieber alleine auf der Jagd oder in Gesellschaft von Stallburschen. Sein Benehmen gegenüber seiner Familie und auch gegen- über seinen Untertanen wurde als unhöflich und unreif betrachtet. Sein einziger Wunsch bestand darin, sich von der Vormundschaft zu befreien und die Regierung anzu- treten. Karl Friedrich gab sich alle nur erdenkliche Mühe, aus diesem ungehobelten und schlecht veranlagten jun- gen Mann einen gut regierenden Grafen zu machen. Er schickte ihn sogar nach Lyon auf eine weitere Ritter- akademie, welche Ferdinand Karl aber frühzeitig wieder verliess, ohne viel gelernt zu haben. Ein Versuch seines Onkels, ihn als Soldaten unterzubringen, schlug eben- falls fehl.44 Die Erziehung der drei Söhne Franz Wilhelms I. und die Verheiratung der ältesten Tochter waren für Karl Friedrich kostspielig. Die Einkünfte von Vaduz und Schellenberg deckten die Ausgaben scheinbar nicht ab, denn 1671 berief der Graf die Ammänner von Va- duz und Schellenberg zusammen und drängte sie, ihm ein Darlehen von 2’300 Gulden zu geben. Das schlugen diese unter dem Hinweis, bereits im Vorjahr für die Ver- heiratung der älteren Tochter viel Geld vorgestreckt zu haben, rundweg ab. Schliesslich stritten sich die Unter- tanen so lange mit dem Grafen, bis die Angelegenheit einem kaiserlichen Gericht übertragen wurde.45 Gleichzeitig wandten sich die Untertanen an den Gra- fen Harrach, um diesem ihre Sicht der Dinge mitzutei- len. Sie beklagten sich, Karl Friedrich bisher schon öfter Geld geliehen zu haben, welches dieser aber nicht nur für die Erziehung seiner Neffen und Nichten verwen- det, sondern auch in die Erhaltung einer Kompanie im Herzogtum Mailand gesteckt hatte. Zusätzlich mussten sie für über 3’000 Gulden für den Grafen bürgen. Einen 
32 Bergmann, Reichsgrafen, S. 62. 33  Otto Seger: Die Altarbilder der Kapelle Unserer Lieben Frau zu Triesen. In: JBL 60, Vaduz 1960, S. 159–163. 34  Johann Adam von Liechtenstein an Kaiser Leopold I., Ausf. o.O. 1699 Februar 5, ÖStA, HHStA, RHR, Judicialia, Den. Rec. 263/1, fol. 656r–672v. 35  Karl Friedrich und Franz Wilhelm von Hohenems an Kaiser Fer- dinand III., Ausf. Hohenems 1649 November 3, ÖStA, HHStA Wien, RHR, Judicialia, Den. Rec. 261/1, fol. 1r–5v. 36  Kaiser Ferdinand III. an den Bischof von Konstanz, Wien 1649 Dezember 16, ebenda, fol. 6r–9v. 37  Ferdinand Bonaventura I. Graf von Harrach (14. Juli 1636[37]–15. Juni 1706) war mit Johanna Theresa, geborene Gräfin von Lam- berg verheiratet. Ab 1673 hatte er als Gesandter in Madrid und später kaiserlicher Oberststallmeister sowohl grossen Einfluss am Wiener Kaiserhof als auch am Königshof in Madrid. Vgl. Anton Victor Felgel: Harrach, Ferdinand Bonaventura. In: Allgemeine deutsche Biographie, Bd. 10: Gruber – Hassencamp, Leipzig, 1879, S. 629–632; Wurzbach, Bd. 7: Habsburg–Hartlieb. Wien, 1861, S. 373–374. 38  Briefwechsel zwischen Karl Friedrich von Hohenems und Ferdi- nand Bonaventura von Harrach zwischen 1668 und 1673. ÖStA, AVA, GHFA 253. 39  Diese Vormundschaft mit allen verbundenen Problemen der jun- gen Grafen von Hohenems ist bereits ausführlich bei Arnegger– Edelmayer, Die Hohen-Ems im tiefen Fall, dargestellt worden. 40  Ferdinand Karl Franz Graf von Hohenems (29. Dezember 1650– 18. Februar 1686) war der älteste Sohn von Franz Wilhelm I. und Eleonora Katharina. Er war seit 1674 mit Maria Jakobaea Euse- bia, Reichserbtruchsesse von Waldburg-Wolfegg (gestorben 1693) verheiratet. Vgl. Rupert von Bodman an Kaiser Leopold I., Ausf., Stift Kempten 1686 Februar 25, ÖStA, HHStA, RHR, Judicialia, Den. Rec. 262/1, fol. 18r–22v, hier 18v; Extrakt des Heiratsbriefs, Kop., o. O. 1674 April 16, ÖStA, HHStA, RHR, Judicialia, Den. Rec. 266/4, unfol.; Bergmann, Reichsgrafen, S. 111; Zedler, Bd. 13, S. 526. 41  Jakob Hannibal III. Friedrich Graf von Hohenems (7. März 1653– 12. August 1730, Wien) war der zweite Sohn von Franz Wil- helm I. und Eleonora Katharina. Er war mit Anna Ämilia Freiin von Schauenstein-Ehrenfels (1652–1734) verheiratet. Von sei- nen Kindern erreichten nur Ämilia Antonia Carolina (Charlotta) (1680–1752) und Franz Wilhelm Rudolf (1686–1756) das Erwach- senenalter. Vgl. Bergmann, Reichsgrafen, S. 112; Wurzbach, Bd. 9, S. 189; Zedler, Bd. 13, S. 526. 42  Franz Wilhelm II. Graf von Hohenems (1654–21. August 1691, Peterwardein) war der dritte Sohn von Franz Wilhelm I. und Eleonora Katharina. Er heiratete 1691 Louise Josefa, geborene Fürstin von Liechtenstein (1670–1736). Vgl. Bergmann, Reichsgra- fen, S. 111; Wurzbach, Bd. 9, S. 189. 43  Karl Friedrich von Hohenems an Ferdinand Bonaventura I. von Harrach, Ausf. Pfäfers 1671 August 15, ÖStA, AVA, GHFA 253, unfol. 44  Vgl. die Korrespondenz von Franz Wilhelm von Hohenems mit Ferdinand Bonaventura I. von Harrach 1670–1673, ÖStA, AVA, GHFA 253, unfol. 45  Vgl. das Protokoll über die Verhandlungen bezüglich der Son- dersteuer, Ausf. Vaduz 1671 September 2–20, ÖStA, AVA, GHFA 252, unfol. (im Archiv eingeordnet bei den Schreiben von Jakob Hannibal III. von Hohenems an Ferdinand Bonaventura I. von Harrach). Kapitel_3_Arnegger.indd   6922.10.12   12:16
	        

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