Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

38Frommelt Fabian: Der Kauf der Grafschaft Vaduz am 22. Februar 
1712 
lassen.»137 Auf diesem Wirkprinzip beruht auch Zotows Huldigungsbriefmarke «1718–1939». Politische Mythen dieser Art dienen der Erhaltung und Sicherung beste- hender gesellschaftlicher oder politischer Strukturen. Sie rechtfertigen und legitimieren Herrschaftsansprüche und Machtverhältnisse und werden oft bewusst zu diesem Zweck geschaffen und eingesetzt. In diesem Sinn weisen sie immer einen Gegenwartsbezug auf, «sind immer ein Objekt von Politik» und können in einem Naheverhält- nis zur Ideologie stehen.138 Fassen wir zum Schluss zusammen: Politische Mythen speisen das Selbstbewusstsein eines politischen Ver- bandes und drücken es aus. Die Vaduz-Schellenberger Kauferzählung prägte demnach auch das Selbstverständ- nis der liechtensteinischen Bürgerinnen und Bürger: Ge- 
gross und bedrohlich vor ihr stehende Zukunft mei- stern werde» und sie erklären (besonders wenn sie wie in unserem Fall mit religiösen Mythemen angereichert sind135) in welcher Weise dies geschehen soll.136 Auch die obrigkeitliche Variante der Vaduzer Kauferzählung erklärt nicht nur die Kaufs- oder Gründungsgeschichte der Jahre um 1700, sondern wird bis in die Gegenwart und darüber hinaus verlängert: Die fürstliche Herrschaft wird mit Ausdrücken wie «immerdar» und «fürder» im Weihelied oder «bis zum Zeitenende» im Festspiel von 1912 als unabänderlich dargestellt. Geschichtlicher Wan- del wird damit ausgeblendet, Kontinuität wird betont: «Fundierende Mythen stellen gegenwärtige Erfahrungen in das Licht der Geschichte, um sie als sinnvoll, gott- gewollt, notwendig und unabänderlich erscheinen zu Fahnenübergabe bei der Huldigung der Untertanen an Fürst Anton Florian von Liechtenstein 1718; Historienbild von Eugen Verling aus dem Jahr 1938. Kapitel_1_Frommelt.indd   3822.10.12   13:20
	        

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