Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

21 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 111, 201225 
 Der Vertrag mit den Untertanen der Herrschaft Schellenberg ist gedruckt in Gurt: Kaufvertrag 1699 (1999), S. 130–132, jener mit den Untertanen der Grafschaft Vaduz in Arnegger: Kaufvertrag 1712 (2012), S. 186 f. 26 Zitiert nach Arnegger: Kaufvertrag 1712 (2012), S. 76. 27  ÖStA/HHStA, RHR, Jud., Den. Rec. 261/9, fol. 14r–19r (27. Mai 1679): Untertanen an Jakob Hannibal III., hier fol. 16v. 28  Ebenda, sowie LI LA RA 74/143 (o.D. [November/Dezember 1683]): Bittschrift an Kaiser Leopold I.; ÖStA/HHStA, RHR, Jud., Den. Rec. 261/12, fol. 12–40 (o.D. [1684]): 
Zeugenprotokoll. 
Für die Vaduzer Grafen kam das Problem hinzu, dass Graf Kaspar am 22. April 1614 mit den Landschaften Verträge über die Reichssteuern geschlossen hatte, die sich für die Herrschaft als ungünstig erwiesen:25 Der Bei- trag der Untertanen war für alle Zeiten unveränderlich auf 1’276 Gulden pro Jahr festgeschrieben; das war der sogenannte «Schnitz». Dagegen trugen die Grafen sämt- liche Lasten, die an das Heilige Römische Reich und an den Schwäbischen Kreis zu zahlen waren. Das waren v.a. Militärlasten, die in den vielen Kriegen des 17. Jahrhun- derts stark anstiegen. Die «disproportion» zwischen der Schnitz-Leistung der Untertanen und der Belastung der Grafen wurde später im Kaufvertrag von 1712 als das «grundtverderben» der Hohenemser bezeichnet.261675 
übernahm Graf Ferdinand Karl die Regierung in Vaduz. Die Einquartierung von Reichsregimentern ver- ursachte damals hohe Kosten, weshalb Ferdinand Karl neue Darlehen benötigte. Dabei stützte er sich nach dem Beispiel seiner Vorfahren auf die Untertanen: Die Land- schaften leisteten Bürgschaften für die gräflichen Schul- den oder nahmen selbst in Feldkirch und in Graubünden Kapital für den Grafen auf. Sie erhielten von ihm im Ge- genzug Schadloshaltungsversprechen, die aber nicht viel Wert waren. Als sich die Untertanen mit Betreibungen der Gläubiger konfrontiert sahen, wurde ihre Situation prekär. 1679 bezifferten sie das von ihnen für den Gra- fen aufgenommene Kapital auf beträchtliche 23’000 Gul- den.27 
Später kam noch mehr dazu. Es gab also strukturelle Gründe für die Hohenemser Finanzkrise. Diese kann nicht allein mit Misswirtschaft und Verschwendungssucht der Grafen erklärt werden. Dennoch sind auch persönliche Verfehlungen und Cha- rakterschwächen nicht zu verkennen, insbesondere bei Ferdinand Karl: Untertanen, Gerichtsleute und Ammän- ner wurden vom Grafen geprügelt, Frauen und Männer sexuell belästigt und erniedrigt, Geistliche beleidigt und die Religion verächtlich gemacht. Über die Rechte der Untertanen – etwa bei der Wahl der Landammänner – setzte sich Ferdinand Karl hinweg. Frondienste wurden erhöht, junge Männer zum Kriegsdienst gezwungen.28 Kurz: Die gräfliche Herrschaft trug willkürliche Züge. Dazu passt der Umstand, dass unter Ferdinand Karl 1679/1680 eine letzte Serie scharfer Hexenprozesse statt- fand, welcher allein 1680 25 Personen zum Opfer fielen. Auch Teile der Bevölkerung forderten die Verfolgung der Hexen, und die Landammänner nahmen als Beisitzer an den Prozessen Teil. Jedoch trug der Graf als Landes- und Gerichtsherr die Verantwortung. Da starke Zweifel hinsichtlich der Rechtmässigkeit der Hexenprozesse be- standen, erhoben 1680 mehrere aus dem Land geflohene 
Grosses Siegel Graf Ferdinand Karls von Hohenems (1676). Das Voll- wappensiegel zeigt im ovalen Wappenfeld den Hohenemser Stein- bock, überwölbt von Helmzier. Die Umschrift lautet: FERDIN : CARL : GRAFF Z : HO 
. EMBS 
. GAL 
. V : VADVZ (Ferdinand Carl Graf zu Hohenems, Gallara und Vaduz) Kapitel_1_Frommelt.indd   2122.10.12   13:20
	        

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