Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

180Haupt Herbert: Ein Herr von Stand und 
Würde 
räte eine gute Hand und setzte die richtigen Leute an die richtigen Stellen. Er zögerte aber auch nicht, die ihm aus der Sicht des absolutistischen Herrschers zustehenden Arbeitsleistungen der Untertanen zum Nutzen des fürst- lichen Hauses drastisch zu erhöhen. Dass diese zusätz- liche Belastung – Stichwort «Robot» – mancherorts, wie etwa auf der liechtensteinischen Herrschaft Mährisch- Trübau, auf den heftigen Widerstand der Bevölkerung stiess, ist nur zu verständlich.15 Die stete Vermehrung der Eigenresourcen ermög- lichte es Johann Adam I. Andreas, dem Kaiserhaus im Laufe der Jahre die riesige Summe von mehr als einer Million Gulden zur Bestreitung der Kriegsausgaben vor- zuschiessen. Der «Krösus von Österreich», wie ihn die Zeitgenossen schon zu Lebzeiten nannten, nutzte die neu gewonnene finanzielle Kapazität zu einer gezielten Erweiterung des ererbten Herrschaftsbesitzes. Der von seinem Grossvater, Fürst Karl I. (1569–1627)16, 
grundge- legte und von seinem Vater, Fürst Karl Eusebius (1611– 1684), in schwerer Zeit ungeschmälert erhaltene territo- riale Besitz erlangte unter Fürst Johann Adam I. Andreas eine in späterer Zeit niemals mehr erreichte Grösse.17 
und das mitten in einer Zeit anhaltender kriegerischer Spannungen zwischen den Höfen in Paris und Wien.13 Johann Adam I. Andreas erbte von seinem Vater Karl Eusebius die Herzogtümer Jägerndorf und Troppau so- wie den ungeschmälerten Landbesitz, wie er von Fürst Karl I. übernommen worden war. Wenig erfreulich war freilich die drückende Schuldenlast von – die Berech- nungen gehen hier auseinander – 650 bis 815‘000 Gul- den, in jedem Falle aber eine überaus hohe Summe! Jo- hann Adam I. Andreas gelang es in erstaunlich kurzer Zeit, die von seinem Vater aufgenommenen Kredite abzuzahlen – an erster Stelle der Gläubiger stand dabei sein Grossonkel, Fürst Hartmann (1613–1686), mit mehr als 400‘000 Gulden. Doch damit nicht genug, konnte da- neben auch das Eigenkapital kontinuierlich vermehrt werden. Was waren die Ursachen für diese auch für die Zeitgenossen erstaunliche Entwicklung? Konnte er etwa doch auf alchemistischem Wege Gold machen und wie war das doch damals in Venedig und in Rom? Nein, das kann mit Gewissheit  ausgeschlossen werden. Vielmehr erwiesen sich neben dem aussergewöhnlichen öko- nomischen Verständnis des Fürsten zahlreiche andere Faktoren dabei als hilfreich.14 
Zu ihnen zählten der all- gemeine wirtschaftliche Aufschwung in den habsbur- gischen Erblanden nach dem Ende der Türkengefahr in den Achtzigerjahren des 17. Jahrhunderts, dazu zählten aber auch die Reorganisation und die Straffung in der Verwaltung der eigenen Herrschaften. Neue Betriebs- formen und Förderungsmethoden wurden eingeführt, nicht rentable Wirtschaftsbereiche abgeschafft bezie- hungsweise eingeschränkt. Fürst Johann Adam I. An- dreas zeigte bei der Neueinsetzung seiner Wirtschafts-13 
 Die Übergabe der Pferde erfolgte nur ein Jahr nach dem Ende des so genannten Reunionskriegs von 1683 bis 1684. Im «Regens- burger Stillstand» vom 15. August 1684 wurden Ludwig XIV. die kriegerischen Erwerbungen der letzten Jahrzehnte für eine Dauer von zwanzig Jahren von Kaiser und Reich zugestanden; vgl. Jutta Schumann: Die andere Sonne. Kaiserbild und Medienstrategie im Zeitalter Leopolds I. Berlin, 2003, hier besonders S. 172–191. 14  Zum Thema Wilhelm, Die Fürsten von Liechtenstein (Anm. 9), S. 59–62, vor allem aber Hannes Stekl: Ein Fürst hat und bedarf viel Ausgaben und also viel Intraden. Die Finanzen des Hauses Liech- tenstein im 17. Jahrhundert. In: Evelin Oberhammer (Hg.): Der ganzen Welt ein Lob und Spiegel. Das Fürstenhaus Liechtenstein in der frühen Neuzeit. Wien, München 1990, S. 64–85, hier beson- ders S. 76–84. 15  Gustav Korkisch: Der Bauernaufstand auf der Mährisch Trübau- Türnauer Herrschaft 1706–1713. Ein Beitrag zur Geschichte des nordmährischen Bauerntums. In: Bohemia 11 (1970), S. 164–274. 16  Zu seiner Person Karel Stloukal-Zlinský: Karel z Lichtenštejna a jeho účast ve vládě Rudolfa II. (1560–1607). Prag, 1912, und Herbert Haupt: Fürst Karl I. von Liechtenstein, Hofstaat und Sam- meltätigkeit. Obersthofmeister Kaiser Rudolfs II. und Vizekönig von Böhmen; Edition der Quellen aus dem liechtensteinischen Hausarchiv. 2 Bde. (= Quellen und Studien zur Geschichte des Fürstenhauses Liechtenstein). Bd. 1/1–2. Wien u. a., 1983. 17  Die fehlende männliche Nachkommenschaft und die Erbbestim- mungen des Testaments von 1711 führten allerdings dazu, dass ein Grossteil der von Fürst Johann Adam I. Andreas erworbenen Herrschaften und Güter nach seinem Tod für das fürstliche Haus Liechtenstein wieder verloren 
ging. 
Goldmedaillon mit Fürst Johann Adam I. Andreas und dem «Lichten Stein» auf der Rückseite (1694). Kapitel_8_Haupt.indd   18022.10.12   12:53
	        

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