Volltext: Jahrbuch (2011) (110)

9 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 110, 20111 
Vgl. Merki 2007, S. 204. 2 
 Krankheit und Unfall waren teilweise schwierig voneinander ab- zugrenzen, ausserdem hatten sie für die Betroffenen ähnliche Folgen. Siehe dazu Degen 2004, S. 13. 3 
 Eine Ausnahme dazu bilden die Pensionsansprüche für Staatsbe- amte, die ebenfalls bereits im 19. Jahrhundert bestanden. 4 
 Für die Entwicklung der anderen angesprochenen Bereiche der Sozialversicherung sei vor allem auf Hilmar Hochs Dissertati- on zur Geschichte des Liechtensteinischen Sozialversicherungs- rechts verwiesen, Hoch 1991; Zur Unfallversicherung vgl. den Artikel «Unfallversicherung» im Historischen Lexikon für das Fürstentum Liechtenstein (im Folgenden: 
HLFL). 
ordnung nach nur vier Jahren ihres Bestehens erneut re- vidiert wurde. In der neuen Vorlage waren nur noch Fa- brikarbeiter der Versicherungspflicht unterstellt. Dieser gescheiterte gesetzgeberische Modernisierungsversuch belegt die Schwierigkeiten in der Durchsetzung einer stärker reglementierten und fortschrittlich orientierten Gesundheitspolitik. Im vierten und letzten Abschnitt des Hauptteils wird der Untersuchungszeitraum mit Liechtensteins Neuori- entierung hin zur Schweiz abgeschlossen. Dabei werden die nach Ende des Ersten Weltkriegs in einer Zeit des in- nenpolitischen Umbruchs erfolgten Initiativen zur Aus- dehnung der Krankenversicherung untersucht. In einer Zeit wirtschaftlicher Krisen nach dem Kriegsende kam es in der Sozialpolitik zu einer regelrechten Aufbruch- stimmung. Die Aufgabe zur Sozialversicherung wurde in der Verfassung verankert und damit die Grundlage für den modernen Sozialstaat gelegt. Auch von privater Seite veränderte sich die Zusammensetzung der Krankenver- sicherungen in Liechtenstein in den 1920er und 1930er Jahren mit einer weiteren Kassengründung und dem Eintritt schweizerischer Versicherungen in den liech- tensteinischen Markt. Die Konkurrenzsituation und le- gislative Massnahmen sorgten in dieser Periode für eine starke Verbesserung des Versicherungsschutzes und für eine Ausweitung desselben, wenngleich weite Teile der Bevölkerung bis in die 1950er Jahre nicht krankenversi- chert waren. Mit einem diesbezüglichen kurzen Ausblick über die weitere Entwicklung der Krankenversiche- rungen werden die Betrachtungen des Untersuchungs- zeitraums abgerundet. Der Schlussteil versucht zuerst einen kurzen Über- blick zu geben, schliesslich die im Hauptteil getrennten Erkenntnisse zu verbinden und dabei einzelne wichtige 
kenversicherungen in Liechtenstein. Als die Unterneh- menskrankenkassen zunehmend als unzureichend emp- funden wurden und auch ausserhalb der Textilfabriken eine Krankenversicherung dringender wurde, kam es zu verschiedenen Initiativen von privater Seite. Diese hatten das Ziel, den Versicherungsschutz zu verbessern oder auszuweiten. Diesen als Vereinen organisierten Hilfs- kassen auf dem Prinzip der gegenseitigen Versicherung widmet sich daher der zweite Abschnitt der Untersu- chung. 1894 erfolgte die Gründung eines «Allgemeinen Kranken-Unterstützungs-Vereins für das Fürstentum Liechtenstein». Auf Initiative des Kleingewerbes und eines Geistlichen erhielten nun auch Bevölkerungskreise ausserhalb der Textilarbeiterschaft Zugang zu einer er- sten Krankenversicherung, womit eine erste Ausweitung der Krankenversicherung einsetzte. In den folgenden Jahren gab es auch innerhalb der bereits versicherten Ar- beiterschaft in der Textilindustrie eine Neuerung mit der Gründung zweier «Männer-Krankenvereine» in Triesen und Vaduz, die sich zum Ziel setzten, die mangelnden Versicherungsleistungen der Textilfabriken durch eigene Unterstützungsleistungen aufzubessern. Dem Vorbild des «Allgemeinen Kranken-Unterstützungs-Vereins» folgten weitere Gründungen: Ein Krankenpflegeverein 1912 und als zweite offen zugängliche Krankenkasse die Gründung der «Freiwilligen Krankenkasse Balzers» 1925. Die schon bald mit staatlicher Hilfe finanzierten Kran- kenunterstützungsvereine waren ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer verbreiteten Krankenunterstützung. Sie sind zudem ein Beleg für die wichtige Rolle von in- stitutionellen und privaten Initiativen zur Verbesserung der Krankenvorsorge. Der dritte Abschnitt widmet sich der Rolle des Staates. Erst nach der Jahrhundertwende kam es von staatlicher Seite zu direkten Massnahmen zur Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes und zum Aufbau einer Sozial- versicherung. Den ersten grossen Schritt stellt dabei die 1910 durchgeführte Neuregelung der Gewerbeordnung von 1865 dar. Dabei wurde ein Krankenversicherungs- obligatorium für alle Arbeitnehmer eingeführt. In der Praxis hatte die Gewerbeordnung jedoch von Beginn an mit grossen Widerständen zu kämpfen, die sich sowohl gegen den verstärkten Staatseingriff aber auch gegen das weitgehende Krankenversicherungsobligatorium wand- ten. Der Widerstand vor allem aus dem Kleingewerbe und der Bevölkerung war so stark, dass die Gewerbe- Kapitel_1_Vogt.indd   926.07.11   13:44
	        

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