Volltext: Jahrbuch (2011) (110)

15 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 110, 201145 
 Vgl. Ospelt 1972, S. 288, Fussnote 201. Für die Kompetenzen der Inspektoren siehe unter SgRV 1887/2: Kundmachung Nr. 159 betreffend Gewerbeinspektion. 46  LILA RE 1870/515: Rosenthal, mechanische Weberei Genehmi- gung der Statuten der Unterstützungskasse. 47  LILA RE 1871/108: Statuten der Unterstützungs-Cassa für er- krankte oder verunglückte Arbeiter der mechanischen Weberei Vaduz von 1870, § 3. Eine Abschrift der Statuten findet sich im Anhang. 48  Ebenda, § 2. 49  Ebenda, § 4. 50  Ebenda. 51  LILA SF 5, Jenny 1889/101: Gewerbeinspektionsberichte 1888. Bezüglich der Krankenkasse in der Rosenthal’schen Fabrik spricht Inspektor Ernst Rziha von einer entsprechenden Beteili- gung der Betriebsleitung, diese lässt sich in den zu der Zeit gel- tenden Statuten (LILA RE 1885/125) allerdings nicht nachweisen. 52  RGBl. 1883, Nr. 39: Gesetz vom 15. März 1883 betreffend die Abänderung und Ergänzung der Gewerbeordnung, § 121, sowie RGBl.1885, Nr. 22, Gesetz vom 8. März 1885 betreffend die Ab- änderung und Ergänzung der Gewerbeordnung, § 89; vgl. auch Hofmeister 1981, S. 524 ff. 53  Vgl. Ospelt, 1972, S. 291. 54 
 Ebenda. 
Wochen beschränkt und andererseits § 8 der Statuten zur Übernahme der Begräbniskosten im Todesfall ersatz- los gestrichen. Diese Änderungen wurden von der Re- gierung ohne weiteren Kommentar genehmigt.50 Ab den späteren 1880er Jahren beteiligte sich die Betriebsleitung zur Hälfte an den von den Arbeitnehmern zu entrichten- den Beiträgen. Dies war nicht Folge einer Statutenände- rung, sondern wurde vermutlich vom Gewerbeinspektor durchgesetzt, der ab 1886 tätig war.51 Für Österreich be- stand laut der Gewerbeordnungsgesetze von 1883 und 1885 eine Beitragspflicht an die Krankenversicherung auch für die Betriebsleitung.52 Die Arbeiter des zweiten grösseren Industriebetriebes in Liechtenstein, der Weberei «Enderlin & Jenny» in Triesen, waren ab 1873 ebenfalls gegen Krankheit ver- sichert. Die Firma richtete anfangs aber keine eigene Krankenkasse für die Belegschaft in Triesen ein, sondern nahm die dortigen Mitarbeiter in die bestehende «Kran- ken-Unterstützungs-Kasse» der Betriebe in Ziegelbrücke und Niederurnen auf.53 Die Regierung hiess die einge- reichten Statuten gut und bestand lediglich darauf, dass der Gerichtsstand bei allfälligen Konflikten Vaduz sein sollte.54 Auch hierbei handelte es sich um eine verpflich- tende betriebliche Krankenversicherung. Dabei war «jeder Arbeiter und jede Arbeiterin im Etablissement 
mungen, wenngleich der zuständige Inspektor aufgrund seines geographisch weiten Tätigkeitsfelds, das sich über Vorarlberg und Tirol noch inklusive des Südtirols er- streckte und ab 1886 eben auch Liechtenstein einschloss, nur beschränkte Möglichkeiten zur Kontrolle der Be- triebe und zur Einflussnahme hatte.45 Doch deutlich bevor der Staat Massnahmen zur Ver- besserung der sozialen Lage der Fabrikarbeiter ergriffen hatte, kam es auf Eigeninitiative der Betriebe hin in den verschiedenen Textilfabriken des Landes zur Gründung von Fabrikkrankenkassen. Eine erste Gründung erfolgte bereits 1870 mit der Errichtung einer «Unterstützungs- Cassa für erkrankte und verunglückte Arbeiter der Me- chanischen Weberei Vaduz».46 Die Regierung geneh- migte am 17. Juni 1870 deren Statuten. Gemäss diesen hatten alle Arbeiter und Aufseher der mechanischen Weberei in die Unterstützungs-Cassa einzutreten. Die Betriebsleitung schoss bei der Gründung einen Betrag von 200 Gulden als Grundstock in die Kassa ein «um ausserordentlichen Erfordernissen zu begegnen»,47 sie beteiligte sich allerdings nicht an den weiteren Einlagen. Diese monatlichen Beiträge wurden ausschliesslich von den Arbeitnehmern bestritten, welche verpflichtet wa- ren, in Form eines direkten Abzugs von ihrem monatlich ausbezahlten Lohn «von jedem Gulden ein Kreuzer in die Kassa zu vergüten».48 Dies entsprach einem Versiche- rungsbeitrag von einem Prozent. Dieser Beitrag konnte allerdings von der Webereidirektion auf unbestimmte Zeit erhöht werden, wenn der Kassabestand aufgrund höherer Auslagen unter 150 Gulden sinken sollte. Im Krankheits- oder Unglücksfall erhielten die Arbeiter Un- terstützung durch die Kassa in Form eines Taggeldes, das 50 Prozent des Lohnes entsprach. Ausserdem wur- den die Arzt- und Pflegekosten übernommen. Während des ersten Monats, einer Zeit, in der aufgrund mangeln- der Erfahrung der neuen Arbeiter im Umgang mit den Maschinen Unfälle häufiger waren, blieben die Arbeiter nicht versichert. Bei kleineren Krankheiten und Unfäl- len, die innert einer Woche auskuriert waren, wurden ausserdem die ersten beiden Krankheitstage nicht ver- gütet.49 
Bereits kurze Zeit nach der Einführung der Kran- kenversicherung wurden im Dezember 1870 ausserdem die Leistungen der Krankenversicherung erheblich ge- kürzt. So wurde einerseits die Maximaldauer der Unter- stützungszahlungen durch die Unterstützungs-Cassa von bisher drei Monaten halbiert und auf höchstens sechs Kapitel_1_Vogt.indd   1526.07.11   13:44
	        

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