Volltext: Jahrbuch (2011) (110)

123 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 110, 
2011Käufer 
erschienen, in die Staatskasse floss ein Erlös von 23 814 Reichsmark. Am 28. August 1942 teilte dann das Blatt «Deutscher Reichsanzeiger und Preussischer Staats- anzeiger» öffentlich mit, dass gestützt auf «den Erlass des Führers und Reichskanzlers über die Verwertung des eingezogenen Vermögens von Reichsfeinden» das Ver- mögen des «Juden Siegfried Bieber» und seiner Ehefrau Josephine «zugunsten des Deutschen Reiches eingezo- gen» worden 
war. US-Bürger, Rückgabe der liechtensteinischen Pässe 1948 Die beiden Liechtensteiner Bürger Siegfried und Jose- phine Bieber hatten gleich 1941 nach ihrer Ankunft in den USA um die amerikanische Staatsbürgerschaft 
ange- 
«Dahmshöhe» als Geschenk an die Eidgenossenschaft? Im Frühjahr 1938 wurde Österreich ans Hitlerreich an- geschlossen, im Herbst annektierte das Reich nach dem Münchener Abkommen die tschechischen Randgebiete, am 9. November 1938 verbreiteten die Reichskristall- nacht-Pogrome Schrecken und Tod unter den Juden im Reich. Die definitive Enteignung jüdischen Besitzes im Reichsgebiet zeichnete sich ab. Am 9. November 1938 bot Siegfried Bieber durch ein Schreiben an Bundesrat Motta das Gut Dahmshöhe, das 234 Hektaren umfasste, samt Schloss und Zubehör der Eidgenossenschaft zum Geschenk an, als Landsitz. Der Bundesrat nahm das di- plomatisch problematische Geschenk nicht an. Bieber verkaufte 1940 Dahmshöhe unter Wert an einen Berliner Privatmann, ihm wurde der Erlös von 125 000 Reichs- mark noch auf sein Auswanderer-Sperrkonto überwie- sen, auf welches er allerdings keinen Zugriff mehr hatte, ausser dass er von dort aus noch kleinere Hilfsbeträge an Verwandte im Reich überweisen lassen 
konnte. Über Quito in die USA Als der Krieg 1939 ausbrach, Deutschland 1940 nach Norden und Westen ausgriff und Italien ebenfalls an Hitlers Seite trat, wurde es dem Ehepaar Bieber auch in der von der Achse umschlossenen Schweiz zu unsicher. Möglichst weit fort, hiess die Devise. Das Ziel war Ame- rika, aber ein US-Visum erhielten sie von der Schweiz aus noch nicht. Doch konnten sie mit dem liechtenstei- nischen Pass vorerst ein Visum von Ecuador, das liberale Einreisebedingungen kannte, erlangen. Im September 1940 bestiegen sie in Genua das Schiff nach Südamerika. Nach Aufenthalt in der Hauptstadt Quito, wo sie ein Vi- sum der Vereinigten Staaten erhielten, und nach einer Reise durch südamerikanische Staaten stachen sie in Bu- enos Aires wieder in See. Sie erreichten New York am 5. Mai 1941. Auch in jenem Mai 1941 bereitete in Berlin die Ge- stapo die Ausbürgerung von Siegfried Bieber und Ehe- frau und den Einzug ihrer restlichen Vermögenswerte in Deutschland vor. Das bewegliche Vermögen der Biebers wurde am 30. Oktober 1941 in Berlin-Dahlem öffentlich versteigert, Mobiliar, Bilder und andere Kunst, fünfzig 
Siegfried und Josephine Bieber bei einem Spaziergang im Tessin. Kapitel_4_Hagmann.indd   12326.07.11   13:46
	        

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