Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

schen Instrumente, nämlich Behördenvorlagen, Volksinitiativen und Re- ferenden (Tab. 9). Die Zahl von insgesamt 99 Abstimmungsvorlagen, darunter auch mehrere Vorlagen zum gleichen Sachverhalt an einzelnen Abstimmun- gen, bedeutet im langjährigen Durchschnitt rund eine Abstimmung pro Jahr, während in der Schweiz im langjährigen Durchschnitt jährlich über mehr als zehn nationale Vorlagen abgestimmt wird.39Die relativ geringe Zahl von Volksabstimmungen in Liechtenstein weist darauf hin, dass die direktdemokratischen Instrumente nicht zum Regelfall der Politik gehö- ren. Im Normalfall werden Entscheidungen durch die zuständigen Re- präsentativorgane getroffen, im Gesetzgebungsprozess also vom Land- tag mit anschliessender Sanktion des Fürsten. Volksinitiativen werden erst dann ergriffen, wenn sich abzeichnet, dass Regierung und Landtag nicht gewillt sind, eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten und zu ver- abschieden. Initiativen haben daher einen Ventilcharakter im politischen System, anders als etwa in der Schweiz, wo Initiativen auch als Mittel des Agenda-Setting und des politischen Marketing eingesetzt werden. In der Schweiz ist es daher bezeichnend, dass Initiativen in den meisten Fällen keine Aussicht auf Erfolg haben. Trotzdem werden sie ergriffen, um ein Thema ins Gespräch zu bringen, Menschen für ein Anliegen zu mobili- sieren und die Initianten – häufig auch politische Parteien – zu profilie- ren. Als «erfolgreiches Scheitern» gilt, dass eine an sich wenig aussichts- reiche Initiative nicht allzu hoch abgelehnt wird. In der Zeit von 1980 bis 2004 waren weniger als zehn Prozent der Initiativen in der Schweiz erfolgreich. Demgegenüber waren in Liech- tenstein im gleichen Zeitraum mehr als 30 Prozent erfolgreich, darunter auch die Initiative des Fürstenhauses zur Revision der Verfassung von 2003. Bei den Referenden zeigt sich ebenfalls ein Unterschied in der Er- folgsquote zwischen der Schweiz und Liechtenstein. Während im ge- nannten Zeitraum in der Schweiz zwei Drittel der Behördenvorlagen vom Volk angenommen wurden, wurden in Liechtenstein zwei Drittel abgelehnt. Das heisst also, dass in Liechtenstein seltener als in der Schweiz abgestimmt wird, wenn aber abgestimmt wird, dann besonders behördenkritisch: Initiativen werden am Landtag vorbei häufiger als in 96Rahmenbedingungen 
öffentlicher Kommunikation in Liechtenstein 39Ausführlich zum Vergleich mit der Schweiz, den Erfolgsquoten usw. bei Marxer / Pállinger 2007; Marxer (i.Vorb.).
	        

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