Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

basierend auf grösserer Knappheit, schärferem Kampf um Zielprioritä- ten, grösserer Involviertheit, stärkerer persönlicher Verletzlichkeit, wel- ches zu unerwünschter sozialer Kontrolle führen kann, was wiederum als Gegenreaktion zum Schutz der Privatheit, Liberalismus und Antieta- tismus führe (455). Das enge persönliche Beziehungsgeflecht im Kleinstaat, in welchem vieles überschaubar und potentiell öffentlich ist, fördert eine übertriebene Hochhaltung von Vertraulichkeitsmaximen (456). Selektive und zurückhaltende öffentliche Kommunikation von Regierungs- und Amtsstellen passt ebenso in dieses Muster wie die Diskretionen des Finanzplatzes, insbesondere das Bankgeheimnis. In dieses Beziehungs- netz sind jedoch vielfach auch die Medien einbezogen, welche sich in symbiotischem Verhältnis zur Politik bewegen – in der Begrifflichkeit von Alemanns ein «Biotop»24–, wobei nicht immer klar ist, ob sie mehr den Logiken des Mediensystems oder des politischen Systems gehor- chen.25 So erscheint am Ende der Widerspruch, dass die Kleinheit theore- tisch einerseits als ideale Ausgangslage für praktizierte direkte Demo- kratie angesehen werden kann. Da die Abhängigkeit der Informations- vermittlung und öffentlichen Debatte von Medien, Medienbeherrschern, Machtträgern und Finanzgrössen im Kleinstaat geringer erscheint als in grossen politischen Einheiten, kann ein fairerer Meinungsbildungspro- zess erwartet werden. Andererseits muss aber persönliche Beeinflussung und Manipulation gerade dort vermutet werden, wo interpersonale Kommunikation, normative Erwartungshaltungen und sozialer Druck eine grössere Rolle spielen, also in kleinen Verhältnissen. Dies bewog nach Mutz (2001) bereits die Autoren der Federalist Papers in der Grün- dungszeit der amerikanischen Demokratie dazu, die politische Mei- nungsbildung auf der Basis unpersönlicher, anonymer, sekundärer In- formation der Meinungsbildung auf der Basis von Face-to-Face- Knowledge vorzuziehen.73 
Kleinräumigkeit 24v. Alemann 1997, 494. Damit grenzt er das Verhältnis von Politik und Medien gegen die Vorstellung einer Dominanz des politischen Systems («top down»), der Domi- nanz des Publikums («bottom up») und der Dominanz des Mediensystems («Me- diokratie») ab. 25Vgl. Marcinkowski / Marxer 2006 und weitere Beiträge in Blum u. a. (Hrsg.) 2006.
	        

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