Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

den umgekehrten Fall, in dem Politiker ein Personalplebiszit erzwingen und dafür das Vehikel sachunmittelbarer Entscheidungsfindung benut- zen. Wo dem keine rechtlichen Grenzen gesetzt sind, beispielsweise durch die Missbrauchsaufsicht der Verfassungsgerichtsbarkeit, braucht es eine funktionierende demokratische Öffentlichkeit und vor allem starke, unabhängige Massenmedien. Die häufig negativ konnotierte Macht der Medien wird bei solchen Gelegenheiten als demokratiepoliti- sches Korrektiv dringend benötigt. Medien, die – aus welchen Gründen auch immer – dann nicht in der Lage sind, selber Agenda-Setting-Effekte zu erzielen oder eigenständige Konterframes in die Öffentlichkeit zu tragen, sind demokratiepolitisch von geringem Wert. Genau in diesem Zusammenhang ist ein weiterer Hinweis der vor- liegenden Studie von genereller Bedeutung. Je parteilicher die Medien sind, desto wirkungsloser sind sie. Das kann nicht nur in einem Land mit überkommener Parteipresse zum Problem werden, sondern etwa auch im Kontext lokaler Direktdemokratie, die von einem auf die Verlautba- rungsfunktion reduzierten Lokaljournalismus begleitet wird. Studien zur Indexing-Hypothese (Bennett 2009) oder zu der Tendenz, Medien- märkte unter Wettbewerbsdruck nach ideologischen Gesichtspunkten aufzuteilen (Mullainathan / Shleifer 2005), verweisen auf ähnlich gela- gerte Gefahren für die demokratiepolitische Leistungsfähigkeit der Me- dien, gerade auch in expandierenden und wettbewerbsintensiven Me- diensystemen. Je stärker sich Medienangebote politisch ausrichten, desto wahrscheinlicher naht ein neues Zeitalter minimaler Medieneffekte (Bennett / Iyengar 2008), das man sich für die direkte Demokratie wie für die repräsentative Demokratie nicht wünschen kann. Das führt direkt zu einem abschliessenden Punkt von genereller Bedeutung. Je eingeschränkter die Leistungsfähigkeit von Medien, desto wichtiger werden die gesellschaftlichen Präsenzöffentlichkeiten. Das gilt für Versammlungsöffentlichkeiten und Gesprächsöffentlichkeiten in je spezifischer Weise. Veranstaltete Öffentlichkeit ist in ihrer Reichweite begrenzt und richtet sich vornehmlich an ein homogenes Publikum. Di- rekte Konversionseffekte sind von ihr folglich nicht zu erwarten, wohl aber Verstärkereffekte. Veranstaltungsöffentlichkeit dient vor allem der Selbstbestätigung der Versammelten und dem Abbau von Unsicherheit, hat also eine wichtige soziale Funktion nach innen. In Versammlungsöf- fentlichkeiten versichern sich einfache Bürger und Meinungsführer ihrer Positionen, die sie dann umso überzeugter in der Alltagskommunika tion 328Diskussion 
und Schlussfolgerungen
	        

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