Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

normativen Grundausstattung jeder Form von Demokratie. Ohne eine interessierte und informierte Bürgerschaft ist kein demokratischer Staat zu «machen». In direkt-demokratischen Systemen kommt dieser Forde- rung besondere Bedeutung zu, wird doch hier von den Bürgern nicht nur verlangt, das Handeln der Entscheidungsträger hinreichend auf- merksam zu verfolgen und bei periodisch wiederkehrenden Gelegenhei- ten zu beurteilen, sondern darüber hinaus auch regelmässig selbst in die Rolle der Entscheider über komplexe und folgenreiche Sachfragen zu schlüpfen. Alle gesellschaftlichen Einrichtungen, die Bürger in die Lage versetzen können, diese Erwartungen zu erfüllen, gehören mithin zum institutionellen Kernbestand der direkten Demokratie. In modernen, komplexen Demokratien betrifft das am ehesten die politische Öffent- lichkeit und in deren Zentrum die Massenmedien. Keinem anderen ge- sellschaftlichen Vermittlungssystem, weder der Familie, noch der Schule oder der Wissenschaft kann man realistischerweise zutrauen, diese Funktion zu erfüllen (Delli Carpini / Keeter 1996). Tatsächlich basiert die Zurückhaltung gegenüber direktdemokratischen Einrichtungen, etwa in Deutschland auf Bundesebene, nicht zuletzt auf Zweifeln an der Funktionsfähigkeit demokratischer Öffentlichkeit und dem vermeintli- chen Manipulationspotenzial der Medien. Diese Zweifel nähren sich aus zwei Quellen. Zum einen kann man fragen, ob publizistische Massenmedien unter den Bedingungen des ver- schärften Wettbewerbs immer mehr medialer Kanäle und Angebote um knappe Aufmerksamkeit überhaupt in der Lage sind, eine hinreichend breite und qualitativ hochwertige Informationsbasis zur Verfügung zu stellen, die zumindest potentiell in die Lage versetzt, aufgeklärte Ent- scheidungen zu treffen. Zum anderen darf bezweifelt werden, dass alle Bürger, zumindest aber diejenigen, die sich an einem demokratischen Entscheidungsprozess beteiligen, bereit und in der Lage sind, sich aus- reichend zu informieren, anstatt ein uninformiertes Votum «aus dem Bauch» heraus abzugeben, mit möglicherweise ungeahnten Folgen. Was die erstgenannte Gefährdung direktdemokratischer Öffent- lichkeit angeht, so kann für den hier untersuchten Fall partiell Entwar- nung gegeben werden. Die Medienöffentlichkeit Liechtensteins wird im Wesentlichen durch die beiden etablierten Tageszeitungen gebildet. Beide sind privatwirtschaftlich organisiert, ihre ökonomische Konkurrenz ist aber insoweit gezähmt, als Staat und politische Parteien das wirtschaft - liche Überleben sichern. Daraus folgt eine starke Fokussierung auf den 279 
Kognitive Effekte der öffentlichen Meinung
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.