Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

dieser Stelle offen bleiben. Was die Rolle des Liechtensteiner Journalis- mus angeht, bestätigt ein weiterer Befund, dass er sich beinahe vollstän- dig auf eine «Strategie des Meinenlassens» (vgl. auch Saxer 1996, 535) be- schränkte. Die wenigen sachbezogenen Aussagen der Journalisten sind mit Abstand die argumentationsschwächsten unter allen Vergleichsgrup- pen. Die Differenz im Argumentationsniveau von Zentrums- und Peri- pherieakteuren fällt zwar zugunsten der zivilgesellschaftlichen Sprecher und Gruppen aus, ist allerdings im Mittelwertvergleich statistisch nicht signifikant. Beide Gruppen führen mehrheitlich Aussagen ohne Begrün- dung (71 zu 67 Prozent) in den Mediendiskurs ein. Noch detaillierter be- trachtet zeigt sich immerhin, dass die jeweiligen Sprecher der beiden zentralen Akteursgruppen, nämlich die (männlichen) Mitglieder des Fürstenhauses und die Initiativ- beziehungsweise Unterstützerkomitees beider Verfassungsinitiativen, erkennbar (und signifikant) deliberativer kommunizierten als alle anderen Diskursbeteiligten. Jede zweite me- dienöffentliche Stellungnahme von Repräsentanten dieser Gruppen war in den letzten fünf Monaten vor der Abstimmung argumentativ gestützt. Das ist ein vergleichsweise hoher Wert, der darauf schliessen lässt, dass Qualifizierungseffekte zumindest auf einen Teil der Sprecher wirken. Gleichwohl entsprechen die Zahlen nur bedingt der Erwartung des an- spruchsvollen Öffentlichkeitsmodells, das nämlich unterstellt, zivilge- sellschaftliche Akteure würden sich in jedem Falle kommunikativ deut- lich diskursiver verhalten als solche des politischen Zentrums (zu denen der Fürst von Liechtenstein als Bestandteil der Exekutive zweifellos zu zählen ist), weil sie auf keine weiteren politischen Handlungszwänge Rücksicht zu nehmen hätten. Im Zeitvergleich zeigt sich, dass das Argumentationsniveau in der Referendumsphase gegenüber der parlamentarischen Beratung anstieg. Die Prozent- und Mittelwertdifferenzen sind allerdings wenig markant, sodass nur bedingt auf eine substantielle Qualifizierung der öffentlichen Debatte in der direktdemokratischen Arena geschlossen werden kann. Die höchste Argumentendichte fand sich im Übrigen in der Verhand- lungsphase. Die Tatsache, dass es in dieser frühen Periode noch eher um die Sache ging, nicht primär um Gewinnen oder Verlieren, und dass zumindest noch die Hoffnung bestand, mit dem besseren verfassungs- politischen Argument den Verhandlungspartner und das politische Pu- blikum zu überzeugen, spiegelt sich insoweit auch in der Qualität der medienöffentlichen Debatte wider. 206Öffentliche 
Kommunikation im Abstimmungsprozess
	        

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