Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

sandten Mitteilungen. Rund 45 Prozent aller Äusserungen im Bereich dieser Zulieferbeiträge entfielen auf Einzelbürger, die sich auf diesem Weg Luft und Stimme im medienöffentlichen Verfassungsdiskurs ver- schafften. Weitere 15 Prozent der Stellungnahmen in diesem Berichter- stattungssegment stammten von Vertretern der Vereine und Initiativen. Insgesamt beherrschten die Akteure der Peripherie des politischen Sys- tems den Markt der Einsendungen mit einem Anteil von über 60 Prozent aller dort geäusserten Meinungen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass auch die etablierten Akteure des politischen Aktivsystems die Emp- fänglichkeit der Zeitungsredaktionen gegenüber eingesandten Mitteilun- gen für ihre Publizitätsinteressen zu nutzen wussten. Das gilt zuvorderst für das Fürstenhaus, dessen Repräsentanten die (inoffizielle) Veröffent- lichungsgarantie eigener Verlautbarungen vergleichsweise rege in An- spruch nahmen, aber auch für (einzelne) Vertreter von Parteien und Fraktionen, die sich auf diesem Kanal regelmässig zu Wort meldeten. Der Befund verdeutlicht, dass offene Leserbriefspalten nicht nur als Zu- geständnis an die ansonsten passiven Teile des Medienpublikums ver- standen werden dürfen, sondern dass sie darüber hinaus die Publizitäts - chancen statushoher Akteure des politischen Zentrums erhöhen, die auf diesem Weg ihren Zugang zur Öffentlichkeit zu diversifizieren verstehen (vgl. auch Richardson / Franklin 2004). Der dritte Teil der Tabelle dokumentiert die Verteilung der me- dienöffentlichen Sprecher in der Verhandlungs-, Parlaments- und Refe- rendumsphase des politischen Prozesses. Die Auswertung belegt einen statistisch überzufälligen Unterschied in der infrastrukturellen Ausstat- tung der öffentlichen Debatte in den drei Phasen des Entscheidungspro- zesses. Auf den ersten Blick wird ersichtlich, dass die Dominanz des po- litischen Zentrums im medienöffentlichen Diskurs schrittweise aufgelöst wird, während die Meinungen und Positionen der Zivilgesellschaft in gleichem Masse an Präsenz und Visibilität gewinnen. In der Verhand- lungsphase beherrschen die beiden Hauptakteure – Fürstenhaus und Landtag (Verfassungskommission) – den medienöffentlichen Diskurs, orchestriert vom politischen Publikum als Leserbriefschreiber. Während des kurzen parlamentarischen Prozesses gewinnen die Stellungnahmen der Abgeordneten noch weiter an Bedeutung, während die Medien prä- senz des Landesfürsten nachlässt. In der Referendumsphase ist das Fürs- tenhaus als Initiant naturgemäss wieder präsenter, während die Land- tagsabgeordneten in dieser Phase nicht nur politisch aus dem Spiel ge- 201 Medienöffentlichkeit
	        

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