Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

schen Systems der Gesellschaft, welche die Massenmedien gewissermas- sen laufend daran erinnert, worin ihre vornehmste Leistung besteht, nämlich gesellschaftliche Kommunikation, die aufgrund funktionsspezi- fischer Codierung und operativer Geschlossenheit sozialer Funktions- bereiche per se nicht über die eigenen Systemgrenzen hinausreichen kann, im Medium der Öffentlichkeit für sich selbst und andere beob- achtbar zu machen. Diese Selbst- und Fremdbeobachtung erster wie zweiter Ordnung liefert Anregung für Information, die ihrerseits freilich als spezifische Leistung des Beobachters und nicht von Öffentlichkeit verstanden wird. Die Leistung von Öffentlichkeit beschränkt sich auf das Sichtbarmachen von Themen und Meinungen beziehungsweise auf die Verdeutlichung von Interessendivergenzen. Sie fokussiert Aufmerk- samkeit und schafft insoweit Chancen für strukturelle Koppelung sozia- ler Systeme. Weitergehende normative Anforderungen oder Erwartun- gen an Öffentlichkeit werden in diesem Paradigma nicht formuliert. «Öffentlichkeit erfüllt Transparenzfunktionen und keine Validierungs- funktionen» (Klein 1996, 247). Will man die damit induzierte Fixierung auf die Makroebene ver- meiden und dem Öffentlichkeitskonzept normative Implikationen abge- winnen, so tut man gut daran, über den Tellerrand systemtheoretischen Denkens hinaus zu blicken. In Bezug auf Öffentlichkeit ist dessen mäch- tigste Konkurrenz ohne Zweifel in dem von Jürgen Habermas ausgear- beiteten Modell der diskursiven Öffentlichkeit zu sehen (vgl. Habermas 1992a, 1992b; siehe auch Peters 1994).9Auch für Habermas stellt Öf- fentlichkeit keine Vergesellschaftungsform von Menschen dar. Anders als Luhmann arbeitet Habermas aber nicht mit Vorstellungen einer spe- zifischen Kommunikationsform, sondern mit einer räumlichen Meta- pher. Danach meint Öffentlichkeit einen allgemein zugänglichen Kom- munikationsraum, ein «Netzwerk für die Kommunikation von Inhalten und Stellungnahmen, also von Meinungen» (Habermas 1992a, 436), das sich strukturell in eine Vielzahl unterschiedlicher Arenen mit verschie- 20Öffentlichkeit, 
öffentliche Meinung und Demokratie 9Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass dem oben sogenannten subjektbezoge- nen Verständnis öffentlicher Meinung ein Öffentlichkeitsbegriff korrespondiert, der unter Öffentlichkeit eine angebbare Gruppe von Menschen versteht (etwa: die «eu- ropäische Öffentlichkeit», verstanden als die Masse aller EU-Bürger). Vgl. in dem Sinne etwa Dahrendorfs einflussreiche Unterscheidung von latenter, passiver und aktiver Öffentlichkeit der demokratischen Staatsbürger (Dahrendorf 1993).
	        

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