Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

tete der Tenor von Seiten der FBP, dass eine öffentliche Diskussion nicht sinnvoll sei, solange sich der Landtag nicht mit der Vorlage befasst und die Beratungen zu Ende geführt habe. Nach dem Scheitern der Gesprä- che zwischen der Landtagskommission und dem Landesfürsten wurde die Regierungsvorlage zurückgezogen, sodass sich die Regierung nicht mehr berufen fühlte, in einer öffentlichen Arena Rede und Antwort zu stehen. Das Fürstenhaus selbst konnte in der gesamten Abstimmungs- phase nicht für eine kontroverse Diskussion gewonnen werden, und in der Regel verweigerten auch die weiteren Unterstützer der Fürstenvor- lage eine direkte Konfrontation mit der Gegenseite. Die Beschäftigung des Landtages mit der Frage der Zulässigkeit der angemeldeten Volksinitiative des Fürstenhauses wurde auf den 24. Ok- tober 2002 traktandiert. Die VU war im Wissen um die Fallstricke, die mit der Landtagsdebatte verbunden waren, bemüht, im Vorfeld dieser Diskussion der Öffentlichkeit das allfällige Stimmverhalten ihrer Abge- ordneten zu erklären. Sie stellte via Liechtensteiner Vaterland klar, dass eine Zulässigkeitserklärung noch keine Zustimmung zur Vorlage, eine Ablehnung der Zulässigkeit andererseits keine Missachtung der Volks- rechte bedeute, sondern Bedenken über die Verträglichkeit mit interna- tionalen Verträgen geschuldet sei.134 Die ausserparlamentarischen Gegner der Fürstenvorlage entwarfen in dieser Zeit eine neue Strategie. Die Gefahr, die vom Re-Framing der Verfassungsfrage als Vertrauensfrage ausging, war erkannt. Drei Tage vor der Landtagssitzung meldeten daher 202 Erstunterzeichner eine Volks- initiative unter dem Titel «Initiative für Verfassungsfrieden» an. Diese Konkurrenzinitiative beschränkte sich auf vier Regelungsbereiche: das Sanktionsrecht, das Notrecht, die Richterwahl und die Kompetenzen des Staatsgerichtshofes. Die Tendenz der Initiative war eindeutig: das Veto- recht des Fürsten in der Gesetzgebung sollte gebrochen, das Notrecht eingeschränkt, die Richterwahl entpolitisiert und die Kompetenzen des Staatsgerichtshofes als Schiedsgericht bei Auslegungsdifferenzen zwi- schen Landesfürst, Landtag und Regierung in Verfassungsfragen klar ge- regelt werden. Insgesamt wäre dadurch die monarchische Komponente in der Verfassung geschwächt und kontrollierbar geworden.149 
Akteure, Frames und Kommunikationsstrategien 134Liechtensteiner Vaterland, 19. Oktober 2002 und Stellungnahme eines VU-Abge- ordneten, Liechtensteiner Vaterland, 22. Oktober 2002.
	        

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