Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

Die Tonalität der Rede war ebenso beachtlich wie der Inhalt. Die politische Elite wurde durchwegs als Oligarchie bezeichnet. Teilen die- ser Elite unterstellte der Fürst, dass sie sich über die Verfassung hinweg- gesetzt habe, im Gegensatz zum Fürstenhaus. Der Landtag werde zu- stimmen müssen, dass Liechtenstein ein Rechtsstaat sein müsse, da Volk und Fürst eine Willkürherrschaft ablehnen würden. Es wurde auch an- gedroht, den Landtag in der Verfassungsfrage auszuschalten: «Schiebt der Landtag eine Entscheidung in diesen zentralen Verfassungsfragen allzu lange auf, läuft er Gefahr, dass Volk und Fürst ohne Mitwirkung des Landtages entscheiden, wie dies bereits beim Staatsvertragsreferen- dum der Fall war.» Eine zutreffende Prognose, wie sich herausstellen sollte. 1998 und 1999 wurden Textvorschläge der Verfassungskommission und des Landesfürsten mehrmals zwischen diesen besprochen, ohne eine Einigung zu erzielen. Am 7. Juni 1999 teilte der Landesfürst der Kom- mission mit, «dass es auf Seiten des Fürstenhauses für bestimmte Fragen keinen Verhandlungsspielraum mehr gebe und dass bei ausbleibender Zustimmung des Landtages zu seinen Änderungsvorschlägen das Volk entscheiden müsse. Im Falle einer Ablehnung der Vorschläge durch das Volk würde das Fürstenhaus nur noch eine symbolische Funktion wahr- nehmen und keine politischen Kompetenzen mehr ausüben oder politi- sche Verantwortung tragen.»57Damit war eine Volksinitiative angekün- digt und gleichzeitig ausgedrückt, dass die bestehende Verfassung vom Fürstenhaus nicht als zukunftsfähig erachtet wurde und im Falle eines «falschen» Abstimmungsausgangs auch nicht mehr akzeptiert würde. Die Gespräche gingen erfolglos weiter. Auf dem Tisch lagen zwei ge- gensätzliche Varianten: die Änderungsvorschläge der Verfassungskom- mission vom 1. Juli 1998 (Landtag 2000a) und diejenigen des Fürsten- hauses vom 7. Juni 199958(Tab. 10). Am 13. Oktober 1999 beschloss die Verfassungskommission, die Vorschläge der Kommission sowie diejenigen des Fürstenhauses Verfas- sungsexperten im deutschsprachigen Raum zur Begutachtung zu unter- breiten. Es sollte dabei insbesondere geklärt werden, ob das demokra - tische oder das monarchische Element bei den betreffenden Vorschlägen 110Der 
Verfassungskonflikt in Liechtenstein 57Bericht und Antrag der Regierung, Nr. 87 / 2001, 8. 58Abgedruckt in Landtag 2000b, Anhang 2.
	        

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