Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

mit Zustimmung des Landesfürsten erfolgen. Statt aber einen neuen Re- gierungschefkandidaten zu akzeptieren, entliess der Fürst die Regierung und löste gleichzeitig den Landtag auf, sodass Neuwahlen durchgeführt werden mussten. Eine der letzten Amtshandlungen des abgewählten Re- gierungschefs war die Gegenzeichnung des neuen Hausgesetztes des Fürstenhauses von Liechtenstein, was zu einem neuen Streitpunkt wurde. Denn das Hausgesetz wurde im Landesgesetzblatt als LGBl. 1993 Nr. 100 im Dezember 1993 publiziert, ohne dass der Landtag in den Gesetzesprozess einbezogen worden wäre. 16 Abgeordnete aller Parteien verabschiedeten am 20. / 21. Dezember 1993 eine Interpellation mit 19 Fragen im Zusammenhang mit dem Hausgesetz. Von Verfassungs experten wurde ebenso wie in späteren Regierungsstellung- nahmen – insbesondere in der Interpellationsbeantwortung betreffend die Hausgesetze51– die Gültigkeit des Hausgesetzes in Zweifel gezogen, so explizit Kley (1998, 44). Am 24. Oktober 1993 wurden die vorgezogenen Neuwahlen durchgeführt, aus welchen die VU als mandatsstärkste Partei hervor- ging, sodass Mario Frick neuer Regierungschef wurde. Im Herbst 1993 wurden die Verfassungsvorschläge des Fürsten, die er im Juli des glei- chen Jahres der Regierung vorgelegt hatte, öffentlich gemacht. Im Januar 1994 begann eine Vernehmlassung über die Vorschläge, welche im Bericht der Regierung vom 11. August 1994 festgehalten ist. Die Re- formvorschläge stiessen auf breite Ablehnung und der Fürst erklärte ge- genüber Landtagsabgeordneten im November 1994, dass er auch mit der bestehenden Verfassung leben könne. Damit war die Auseinandersetzung über die Interpretation der be- stehenden Verfassung allerdings nicht beendet, sondern trat in eine neue Runde. Der nächste Eklat ereignete sich, als Fürst Hans-Adam II. dem Vorsitzenden der Verwaltungsbeschwerdeinstanz, Herbert Wille, schriftlich mitteilte, dass er ihn künftig nicht mehr in ein öffentliches Amt ernennen werde. Anlass war ein Vortrag Willes am Liechtenstein- Institut, in welchem er rechtswissenschaftlich dargelegt hatte, dass im Konfliktfall zwischen Staatsorganen – also auch zwischen Landtag und Fürst beziehungsweise Regierung – der Staatsgerichtshof als Interpreta- tionsgerichtshof angerufen werden könne. Dieser Auffassung wider- 107 
Vorgeschichte 51Interpellationsbeantwortung der Regierung, Nr. 61 / 1995.
	        

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