Volltext: Was will Liechtenstein sein?

zu lösen? Der deutsche Bundesminister Vogel8hat anlässlich eines Vor- trages in Schaan in sehr diskreter und vornehmer Kritik das Wort «List» verwendet, um etwas auszudrücken, woran man sich im Ausland stösst.9 Alois Ospelt hat in den Politischen Schriften geschrieben, dass Liech- tenstein als «Kuriosum», als «negative Besonderheit» keine Zukunft habe. Es müsse etwas geben, was den Kleinstaat in der heutigen Welt, wo alles nach grösseren Räumen tendiert, in sich sinnvoll macht, zu dem man gerne steht, den auch andere respektieren, einen Staat von huma- nem Zuschnitt, der unter Umständen auch unter Opfern erhalten wird.10 Ich möchte schliessen mit zwei Zitaten. Eines stammt von Peter Saladin. Was er mit Bezug auf die Schweiz schreibt, gilt auch für Liech- tenstein. «Gerade die Unerlässlichkeit zunehmender internationaler und su- pranationaler Kooperation und die damit verbundene Schwächung des Nationalstaatsgedankens gebieten es dem Kleinstaat, sich stär- ker als je auf seine spezifischen politischen Leitideen, besonders auf seine spezifischen Aufgaben zu besinnen. Versäumt er das, so wird er im weiten Meer der sich allmählich zusammenschliessenden Völker untergehen.»11 Und Bundesminister Dr. Hans-Jochen Vogel hat in seinem Vortrag in Schaan folgende Worte zu Liechtenstein gesagt, die – wohlgemerkt – auch dem Deutschen Bundesministerium für Auswärtige Angelegenhei- ten vorgelegt und von ihm approbiert wurden: «Ein Wort der Anerkennung und Bejahung der Eigenart und der besonderen Aufgabe Ihres Landes in unserer Zeit. In einer Epoche der Grossstaaten, der Mächte und der Supermächte setzen Sie ein 42Texte 
aus dem Nachlass von Gerard Batliner 8Anm. der Redaktion: Hans-Jochen Vogel (Jg. 1926) war von 1960 bis 1972 Ober- bürgermeister von München, 1972 bis 1974 Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, dann bis 1981 Bundesminister der Justiz. Von 1987 bis 1991 war Vogel Bundesvorsitzender der SPD. 9Vortrag vom 9. April 1974 zum Thema «Wachstum als Gefahr – Über die Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums». 10Vgl. Beiträge zum liechtensteinischen Selbstverständnis, LPS 3, Vaduz 1973, S. 83. 11In: Zeitschrift für Schweizerisches Recht, NF Bd. 91, 1972, I. Halbband/Heft 2, S. 144. Peter Saladin (1935–1997) wurde 1972 an die Universität Basel berufen. Seit 1976 lehrte er als Ordinarius für öffentliches Recht und Kirchenrecht an der Uni- versität Bern.
	        

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