blick des Todes des bisherigen Fürsten unmittelbar neuer Landesfürst geworden
ist. Sie sagten, dass der Landtag zur Vornahme der Huldigung zuständig ist. 1939 hat aber das Volk mit feierlichem Eid die Huldigung auf der Schlosswiese geleistet. Nach der geltenden Verfassung von 1921 ist der Landtag im Falle eines Thronwechsels innerhalb von 30 Tagen zu einer ausserordentlichen Sitzung zwecks Entgegennahme der eingangs erwähnten schriftlichen Erklärung des Thronfolgers und zur Leistung der Erbhuldigung einzu- berufen. Das war so beim Regierungsantritt des Fürsten Franz 1929. Das war so beim Regierungsantritt des Fürsten Franz Josef II., wo der Land- tag die verfassungsmässige Erbhuldigung am 27. Juli 1938, zwei Tage nach dem Tode des Fürsten Franz, vollzog. Wenn ausserdem, über die Verfassung hinaus, rund zehn Monate nach dem Regierungsantritt am 29. Mai 1939 auf der Schlosswiese Vaduz ein feierlicher Schwur vom liechtensteinischen Volk selbst, als «Fürstenhuldigung» bekannt, geleis- tet wurde, so muss dies im Kontext der damaligen schweren Zeitum- stände gesehen werden. Österreich war im Februar ins Deutsche Reich einverleibt worden, deutsche Grenztruppen standen in Tisis. Ein Krieg schien bevorzustehen. Es handelte sich auf der Schlosswiese um eine gegenseitige eidliche Kundgebung von Fürst und Volk. Dabei war die Erklärung des Volkes («Wir schwören Treue unserem Fürsten, Beobach- tung der Verfassung und Gehorsam den Gesetzen, sowie in Gemässheit der Verfassung und der Gesetze in allem dem zu dienen, was zur Erhal- tung der Sicherheit und Wohlfahrt unserer Heimat frommt. So wahr uns Gott helfe!») von ihrem Inhalt her sowohl eine eidliche Huldigung an den Fürsten als auch eine Art «Rütlischwur» auf unseren unabhängigen Staat, ein Schwur auf die Verfassung und die «Erhaltung der Sicherheit» des
Landes. So ist also die von der Verfassung vorgesehene Huldigungserklärung vom Landtag abzugeben. Was bedeuten aber die schriftliche Erklärung des Thronfolgers und die Huldigung, wenn sie den bestehenden Rechten und Pflichten aus der Verfassung rechtlich nichts hinzufügen? 116Texte
aus dem Nachlass von Gerard Batliner