Volltext: Was will Liechtenstein sein?

Sie sagten, dass die Vorlage eventuell auf unsere demokratischen Ein- richtungen selbst zurückfalle. Diese sollen hingegen durch die Vorlage gerade gestärkt werden durch mehr Basis-Demokratie. Ja sicher. Doch mehr Basis-Demokratie ist nicht unbedingt mehr Sub- stanz an Demokratie. Aussenpolitik ist weitgehend Unabhängigkeitspo- litik, für Liechtenstein weitgehend defensive «Verteidigungspolitik» zur schlichten staatlichen Selbsterhaltung, wie es Robert Allgäuer einmal formuliert hat. Die staatliche Unabhängigkeit wiederum ist Grundlage für unsere staatliche Autonomie. Unser Staat ist aussenpolitisch schwach, ist Objekt aussenpoliti- scher Konstellationen, ist mehr als andere in bestimmten Konstellatio- nen, die er nicht herbeiführt, auf rasche Reaktion angewiesen. Es kann durchaus sein, dass jetzt zwar die Gewichte im Staat verschoben werden, aber der Gesamtstaat, und damit auch sein demokratischer Spielraum, betroffen wird, weil die Erhaltung von Unabhängigkeit und Autonomie die Voraussetzung ist, dass wir noch etwas selbst zu entscheiden haben. Mir kommt das Ganze vor wie auf einem Schiff, auf dem alle mit einem Streit um die Benutzung der Kabinen beschäftigt sind, derweil das Schiff immer weniger gesteuert wird. Wir haben rasch vergessen, wie risiko- reich die Route ist, auf der sich unser Schifflein 
befindet. Was meinen Sie damit? Liechtenstein ist sehr selbstsicher geworden, seit Hanni Wenzel in Lake Placid, wie es so hiess, die Sportwelt «das Fürchten gelehrt» (!) hat, seit wir im Europarat sind und Mr. George Bush nur darauf wartet, bis er Liechtenstein besuchen kann. 1920 – etliche Bürger aus dieser schwieri- gen Zeit sind noch unter uns – lehnte der Vorläufer der UNO, der Völ- kerbund, das liechtensteinische Beitrittsgesuch mit 28 zu 1 Stimme ab. 1949, beim beantragten Beitritt zum Internationalen Gerichtshof, stimmte die Sowjetunion ungeachtet der sorgfältigen liechtensteinischen Vorbereitung der Angelegenheit in der Generalversammlung der UNO gegen den Beitritt Liechtensteins, hatte sich aber glücklicherweise trotz ihrer erhobenen Einwände im Sicherheitsrat zuvor der Stimme enthalten und nicht ihr Veto eingelegt. Beim Europarat, 1978, wäre Liechtenstein, nach 15-jähriger kontinuierlicher Vorbereitung, um ein Haar nicht Mit- 110Texte 
aus dem Nachlass von Gerard Batliner
	        

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