fen. Dieses weist typische Elemente des Jugendstils auf, wie bei-
spielsweise florale Ornamente am linken Bildrand. Rheinberger
dürfte den Jugendstil aber schon während seiner Studienzeit ken-
nengelernt haben. Für diese Annahme spricht die Tatsache, dass
Dr. Paul Friedrich Krell, sein Professor für Kunstgeschichte- und
Stillehre, ein Verfechter der neuen Bewegung war. Dieser ver-
suchte bereits in den 1890er-Jahren, dem Jugendstil näherste-
hende Lehrformen einzuführen. Das Studium der natürlichen
Pflanzen sollte Ausgangspunkt jeglicher kunstgewerblichen Tätig-
keit sein und dem Studium historischer Pflanzenornamente vor-
gezogen werden. Ein anderer Professor der Kunstgewerbeschule,
Richard Riemerschmid, war mit seinen Möbeln und Raument-
würfen Anhänger des Jugendstils. Dass Rheinberger offenbar aktiv
die avantgardistische Entwicklung des Jugendstils mitverfolgt hat,
belegen zum einen die von ihm erworbenen und noch vorhande
nen Ausgaben der Zeitschrift Jugend und zum anderen das von
ihm gestaltete Titelblatt. Die Beschäftigung mit dem Jugendstil]
attestiert ihm ein breit gefächertes Interesse an den verschiedens-
ten Kunstströmungen. Längerfristig tat dies jedoch seiner grossen
Begeisterung für das Mittelalter keinen Abbruch.
Egon Rheinberger lebte und studierte zehn Jahre lang in Mün-
chen. Mit Unterstützung seiner Tante Fanny Rheinberger sowie
durch seine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule und an der
Akademie der Bildenden Künste erhielt er Zutritt zu den kulturel-
len Kreisen der Stadt. Davon zeugt zum Beispiel seine rege Betei
ligung an den Aktivitäten des Albrecht-Dürer-Vereins (ADV) in
München seit seinem Beitritt im Oktober 1888.
[m Allgemeinen wurden die Kunstvereine - so auch der Dürer-
Verein - zu Beginn bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts von Bürgern
gegründet. Sie waren Ausdruck bürgerlicher Emanzipationsbe-
strebungen und bildeten einen Gegenpol zu den Museen, die vor-
wiegend Kunst sammelten, sowie zu den Galerien, die im Kunst-
handel tätig waren. Als gemeinnützige Institutionen bestand das
Ziel der Kunstvereine ausschliesslich in der Förderung und Ver-
mittlung von Gegenwartskunst. Finanziert wurden sie durch Mit-
gliederbeiträge und einzelne Sponsoren. Ausserdem organisierten
sie zu diesem Zweck Vorträge, Reisen, Führungen usw.
Aus dem Umfeld des Dürer-Vereins in München erhielt Rheinber-
ger den Auftrag, eine Einladungskarte für die Weihnachtsveran-
staltung zu entwerfen. Die dem Historismus verpflichtete Karte,
+
Kunsthauptstadt München — Lehrjanre
Entwurf des Titelblatts
für die Zeitschrift
Jugend
Seit 1888 war Rhein-
berger Mitglied des
Albrecht-Dürer-
Vereins in München.
Er entwarf diese
Einladungskarte.
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