Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

Der Fürst fühlte sich jedoch nicht an das Huldigungsversprechen aus dem Jahr 1718 gebunden; er schaffte bereits zwei Jahre später die al- ten Rechte und Gewohnheiten ab und begann damit, das Fürstentum Liechtenstein absolutistisch zu ordnen. Dagegen erhob sich in der Be- völkerung ein erbitterter Widerstand.17Da der Monarch die altherge- brachten Rechte und Bräuche missachtete, hielt sich die Bevölkerung nicht mehr an die Treuepflichten gebunden und verweigerte den fürst - lichen Beamten den Gehorsam sowie die Entrichtung der geforderten 48Grundlagen 
zum Willkürverbot 17Für einen Eindruck der Zeitzustände vergleiche die Beschwerdeschrift des Pfarrers von Schaan an den Fürstbischof von Konstanz. Peter Kaiser und Johann Baptist Bü- chel geben deren Inhalt wie folgt wieder: «Die Quelle des Übels, der Gewalttätig- keiten und kirchenräuberischen Handlungen ist der lutherische Kommissär Harp- recht [sic.], ein verbannter Württemberger, der mit seinem gleichgesinnten Genos- sen, […] dieses unglückliche vaduzische Land zum Schauplatz seiner Gewalttätig- keiten erkoren hat. Denn aus all seinen öffentlichen Handlungen geht hervor, dass er nach eigener Willkür, nicht mit Willen und aus Auftrag seines Herrn handelt. Gleich bei seiner Ankunft […] habe er versichert, wie strenge ihm von seinem Fürs- ten anbefohlen sei, das alte Herkommen, die Privilegien, Rechte und Freiheiten auf- recht zu halten und zu sorgen, dass keinerlei Neuerungen stattfänden, und bei der Huldigung habe er eine ähnliche Versicherung gegeben. Diesem allem aber wider- spreche jetzt jede seiner Handlungen. […] Seine Gehilfen, die Beamten zögen alles vor ihr Gericht, auch die Ehesachen, und verböten Vermächtnisse zu frommen Zwe- cken. Nicht bloss der Novalzehent, sondern auch alle anderen Einkünfte wurden der Geistlichkeit zurückgehalten. […] Dem Domkapitel zu Chur, das mit dieser Sa- che gar nichts zu tun habe, seien die Einkünfte, die es aus dem Österreichischen be- ziehe, in Vaduz angehalten und mit Sequester belegt worden. Unter Androhung schwerer Strafen werde dem Klerus zugemutet, was er predigen solle, was nicht. Geringe Sachen, Händel und Raufereien, würden schwer gestraft, schwere Laster, Unzucht und Ehebruch und dergleichen gehen fast straflos aus. Von den Gehilfen Harprechts [sic.] sei der eine ein Spötter und Verächter der Religion, der andere dem Trunke und der Fleischeslust ergeben. Der Landvogt habe es unter solchen Um- ständen gegen sein Gewissen gefunden, länger zu dienen und freiwillig resigniert […]. Alles sei in dem armen und unglücklichen Ländchen umgestürzt, die alte Ver- fassung abgetan, liegende Gründe und Güter, in deren Besitz die Leute Jahrhunderte gewesen und die sie von früheren Herren erkauft, dürfen sie nicht geniessen, wenn sie dieselben nicht wieder loskaufen. Die Beamten haben sich das Wort gegeben, nicht eher zu ruhen, als bis sie das Ländlein völlig ins Joch der Knechtschaft ge- bracht. Aus dem allem gehe wohl deutlich hervor, wie ferne […] Treue und Glau- ben, Religion, Gerechtigkeit und Wahrheit seien. Man könne sich schwer eine ärgere Tyrannei denken.». Kaiser Peter/Büchel Johann Baptist, Peter Kaisers Geschichte des Fürstentums Liechtenstein nebst Schilderungen aus Churrätiens Vorzeit, 2. Auf- lage, Vaduz 1923, S. 519 f. Vgl. dazu auch Kaiser, S. 498 ff.; Ospelt, S. 230 f.; Frick, Gewährleistung, S. 11 f.; Vogt, S.81.
	        

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