Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

durchwegs um hochrangige Prinzipien des Rechtstaates.130Die Herlei- tungen dieser tragenden Rechtsgrundsätze durch den Staatsgerichtshof sind oft nicht klar.131Der Staatsgerichtshof behandelt die tragenden Rechtsgrundsätze als unselbständige Verfassungsprinzipien, die nur in Verbindung mit dem Willkürverbot gerügt werden können.132Es ist aber denkbar, dass der Staatsgerichtshof die tragenden Rechtsgrundsätze im Laufe der Zeit von der Zuordnung zum Willkürverbot lösen und diese Grundsätze zu eigenständigen ungeschriebenen verfassungsmässigen Rechten weiterentwickeln wird.133 Grundsätzlich gilt, dass nicht bereits die einfache Verletzung eines tragenden Rechtsgrundsatzes gerügt werden kann, sondern erst krasse Verstösse gegen einen tragenden Rechtsgrundsatz das Willkürverbot verletzen.134Der Staatsgerichtshof hat in diesem Sinne festgehalten, dass er die tragenden Rechtsgrundsätze 
in der Regel nur auf Willkür über- 413 
Willkürverbot und dem Willkürverbot zugeordnete Verfassungsgrundsäze 130Das Bundesgericht verwendet in seiner Rechtsprechung einen ähnlichen Terminus. Danach verstösst die krasse Verletzung eines unumstrittenen Rechtsgrundsatzesge- gen das Willkürverbot. Im Unterschied zum Staatsgerichtshof zählt das Bundesge- richt zum Begriff der unumstrittenen Rechtsgrundsätze nicht nur «absolut hoch- rangige Prinzipien des demokratischen Rechtsstaates» (Thürer, Willkürverbot, S. 505), sondern auch andere Grundsätze aus zahlreichen weiteren Regelungsberei- chen, wie beispielsweise dem Raumplanungsrecht, dem Beamtenrecht,…Vgl. dazu Thürer, Willkürverbot, S. 505 ff.; Imboden, S. 156 ff.; Uhlmann, S. 49 ff. 131So spricht der Staatsgerichtshof im Hinblick auf den Grundsatz «in dubio pro reo» selbstverständlich davon, dieser müsse von den Strafgerichten beachtet werden, er gibt aber keinen Hinweis darauf, wie der ungeschriebene Beweisgrundsatz«in dubio pro reo» herzuleiten ist. Vgl. StGH 1997/23, Urteil vom 29. Januar 1998, LES 1998, S. 283 (286). 132Im Gegensatz dazu haben sich der aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleitete Anspruch auf rechtliches Gehör und das Verbot der Rechtsverweigerung und der Rechtsverzögerung inzwischen verselbständigt und können selbständig angerufen werden. Vgl. dazu S. 362 ff. Zur Unterscheidung von verfassungsmässigen Rechten und den Verfassungsprinzipien im schweizerischen Recht siehe Auer/Malinverni/ Hottelier, Band I, Rz 1893 ff. und Rz1904 ff. 133Vgl. im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts Thürer, Willkürver- bot, S. 506. 134Vgl. aber Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S.53 ff., die kritisch anmerkt, dass die Verwendung des Begriffs «Willkür» in diesem Zusammenhang zu einer Schwächung dieser abgeleiteten Verfassungsprinzipien führe, da die Verwendung des Willkürbe- griffs zur falschen Vorstellung verleite, dass nur qualifizierte Verletzungen von Ver- fassungsprinzipien gegen das Willkürverbot verstossen würden. Vgl. auch Aubert, Willkürverbot, Rz 30 ff.; Uhlmann, S. 54 f. und S. 268.
	        

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