Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

in erster Linie Sache des zuständigen Gemeinwesens ist, auf Grundlage seiner Gesetzgebung über Art und Umfang der im kon- kreten Fall gebotenen Leistungen zu bestimmen. Lediglich dann, wenn das einfache Gesetzesrecht im Ergebnis dem verfassungs- rechtlichen Minimalanspruch nicht zu genügen vermag, ist unmit- telbar darauf abzustellen (BGE 121 I 367 (373 Erw. 3c)). In diesem engen Rahmen hat auch der Staatsgerichtshof keine Be- denken, ein ungeschriebenes Grundrecht auf Existenzsicherung anzuerkennen.»123 Beim ungeschriebenen Grundrecht auf ein Existenzminimum handelt es sich um ein soziales Grundrecht, das heisst, um ein Grundrecht, welches das Erbringen von staatlichen Leistungen voraussetzt.124 Der Staatsge- richtshof thematisiert deshalb zunächst die Frage der Justiziabilität eines solchen Grundrechts. Mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundes- gerichts stellt er fest, unmittelbar grundrechtsgeboten und vom Richter durchsetzbar könne immer nur ein Minimum staatlicher Leistung sein. Das Grundrecht auf ein Existenzminimum umfasse demnach nur den engen Rahmen dessen, was für ein menschenwürdiges Dasein unabding- bar sei und vor einer unwürdigen Bettelexistenz zu bewahren vermöge. Das ungeschriebene Grundrecht auf ein Existenzminimum sichert also nur einen Minimalstandard an Leistungen und beschränkt sich auf «eine Hilfe in Notlagen»125Damit stimmt – wie beim Willkürverbot – der 357 
Rechtsprechung im Anschluss an die Grundsatzentscheidung StGH 1998/45 123StGH 2004/48, Urteil vom 21. Februar 2005, S. 22 f., noch n. p. 124Das ungeschriebenen Grundrecht auf Existenzsicherungist von dem aus Art.24Abs.1LV abgeleiteten Grundrecht auf die Freilassung des Existenzmini- mums im Steuerrechtabzugrenzen. Das ungeschriebene Grundrecht auf Existenz - sicherung schützt auch das Erbringen von staatlichen Leistungen, während das Grundrecht auf die Freilassung des Existenzminimums im Steuerrecht als klassi- sches Abwehrrecht konzipiert ist. Vgl. dazu auch die Ausführungen des Staatsge- richtshofes in StGH 2004/48, Urteil vom 21. Februar 2005, S.22, noch n. p. Zur Frage der Möglichkeit von «verfassungsmässig gewährleisteten Rechten» (Grund- rechten) ausserhalb des IV. Hauptstücks der Verfassung siehe Wille H., Verwal- tungsrecht, S. 623 ff.; Höfling, Grundrechtsordnung, S. 22 ff. 125Kley, Anerkennung, S. 756. Zum Anspruch auf Hilfe in Notlagen gemäss Art. 12 BV siehe Kley Andreas/Feller Reto, Übersicht über die neueste Grundrechtsspre- chung, Aktuelle Anwaltspraxis. La pratique de l’ avocat 2005, S. 501 ff. (506 f.) so- wie Bigler-Eggenberger Margrith, Art. 12 BV, Rz 1 ff., in: Ehrenzeller Bernhard/ Mastro nardi Philippe/Schweizer Rainer J./Vallender Klaus A. (Hrsg.), Die schwei- zerische Bundesverfassung. Kommentar, Zürich/Basel/Genf, 2002.
	        

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