Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

gung vollumfänglich überprüfen. Er prüft daher gerichtliche Verfahrens- verfügungen nur daraufhin, ob diese willkürlich sind. Bei einer schweren Beeinträchtigung des Grundrechts, wenn Rechtssuchende beispielsweise von der Beschreitung des Rechtsweges durch eine erstinstanzliche Zu - rückweisungsentscheidung geradezu ausgeschlossen werden, macht er eine differenzierte Prüfung.151 Das Kriterium der Intensität des Grundrechtseingriffs kann aber nicht auf die Willkürprüfung angewendet werden. Die besondere Schwere des Grundrechtseingriffs liegt bei der Willkürprüfung in der qualifizierten Rechtswidrigkeit und ist eine Voraussetzung dafür, dass ein Willkürver- stoss überhaupt bejaht werden kann. Zudem gilt das Willkürverbot für alle Lebenssachverhalte, eine spezifische Grundrechtsbetroffenheit kommt als Kriterium nicht in Frage.152 Als möglicher Anknüpfungspunkt könnte man die materiellen Auswirkungen einer Entscheidung für den Beschwerdeführer ansehen. Gegen das Intensitätskriterium des Streitwertes als Anknüpfungspunkt ist einzuwenden, dass eine qualifiziert rechtswidrige Entscheidung un- tragbar ist, gleichgültig in welchem Rechtsgebiet sie ergangen ist und welcher Streitwert in Frage steht. Zudem stehen für grössere Streitwerte weitergehende Rechtsmittel (z. B. Revision § 471 ff. ZPO)153zur Verfü- gung, wogegen bei geringen Streitwerten (Bagatellsachen) mangels wei- terer Rechtsmittel nur die Verfassungsbeschwerde zulässig ist. Damit 196Gleichheitsgrundsatz 
und Willkürverbot in der Rechtsanwendung 151Vgl. StGH 1997/27, Urteil vom 18. November 1997, LES 1999, S. 11 (15); StGH 1998/45, Urteil vom 22. Februar 1999, LES 2000, S. 1 (4 f.); StGH 2000/60, Ent- scheidung vom 19. Februar 2001, LES 2004, S. 13 (16); StGH 2002/69, Entscheidung vom 30. Juni 2003, LES 2005, S. 206 (219); StGH 2002/85, Entscheidung vom 14. April 2003, LES 2005, S. 261 (266). Vgl. dazu auch Hoch, Schwerpunkte, S. 80; Hoch, Verfahrensgarantien, S.108 f.; Gstöhl, S. 129 f.; Höfling, Grundrechtsord- nung, S.230ff. Dieser zweistufige Prüfungsumfang des Staatsgerichtshofes (diffe- renzierte Prüfung und Willkürprüfung) wird vor allem von funktionell-rechtlichen Überlegungen (Abgrenzung von Fachgerichtsbarkeit und Verfassungsgerichtsbar- keit) mitbestimmt. Er darf aber nicht als Problem einer unterschiedlichen Kogniti- onspraxis («freie» und «beschränke» Prüfung) verstanden werden. Siehe ausführlich dazu S. 443 ff. 152Für Deutschland vergleiche zu alldem von Lindeiner, S.180 ff. 153§ 471 ZPO lautet: «1) Gegen die Urteile des Appellationsgerichtes findet die Revi- sion statt. 2) In Bagatellsachen ist gegen die Entscheidung des Appellationsgerichtes ein weiterer Rechtszug unzulässig.»
	        

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