Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

beschliessen ist (Art. 42 und 43 StGHG). Dadurch wird der Unmittel- barkeitsgrundsatz im Verfassungsprozess eingeschränkt.1110Im Ver- nehmlassungsverfahren zum neuen Staatsgerichtshofgesetz hat der Staatsgerichtshof in seiner Stellungnahme zu bedenken gegeben, «dass im Staatsgerichtshofgesetz zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass eine öffentliche Verhandlung nur dann stattzufinden hat, wenn der Staatsgerichtshof dies aus Gründen der Klärung des Sachverhalts oder der Rechtslage für erforderlich hält. Dies sei zur Bewältigung des Ar- beitsanfalls notwendig und entspreche der Praxis.»1111Diese Praxis des Staatsgerichtshofes steht ganz in der Tradition des österreichischen Ver- fassungsgerichtshofes und des deutschen Bundesverfassungsgerichts. Die mündlichen Verhandlungen sind beim österreichischen Verfas- sungsgerichtshof im Gegensatz zur Strafgerichtsbarkeit und zu den Streitsachen im zivilgerichtlichen Verfahren zur Ausnahme geworden, weil sie zu einem blossen Ritual geraten waren. Sie hatten nichts mehr Neues gebracht und waren lediglich dazu da, die Beratungsvorgänge des Gerichts zu verzögern.1112Auch vor dem deutschen Bundesverfassungs- gericht ist die mündliche Verhandlung die Ausnahme. Nicht einmal in einem Prozent der Verfahren wird sie abgehalten.1113Bei der Verfas- sungsbeschwerde verzichtet es regelmässig auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, weil es von ihr keine Förderung des Verfah- rens erwartet.1114In der Lehre wird auch darauf hingewiesen, dass bei der heutigen Arbeitslast des deutschen Bundesverfassungsgerichts die mündliche Verhandlung nur dann angezeigt sei, wenn es die Sachver- haltsaufklärung erfordere.1115Der Umstand, dass mündliche Verhand- lungen vor einem Verfassungsgericht selten sind, ist zweifellos mit der Eigenart des Verfassungsprozesses in Verbindung zu bringen. Der Schwerpunkt des Verfassungsprozesses liegt im schriftlichen Teil des 654Fortgang 
des Verfahrens 1110Vgl. für Deutschland Benda/Klein, S. 121, Rz. 277. 1111So die Wiedergabe der Stellungnahme des Staatsgerichtshofes im BuA, Nr. 45/2003, S. 54. 1112Siehe Adamovich, S. 6; in diesem Sinne für Deutschland auch Geiger, Besonderhei- ten, S. 7 und Zuck, Verfassungsbeschwerde, Rz. 804, der vermerkt: «Die mündliche Verhandlung ist inzwischen so ritualisiert und trägt so viele Züge der Selbstdarstel- lung und Repräsentation, dass man auf sie überall da, wo nicht noch der Sachverhalt aufgeklärt werden soll, …verzichten kann.» 1113Vgl. dazu und zu den Gründen dieser Entwicklung Benda/Klein, S. 107, Rz. 246. 1114Siehe Zöbeley, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, § 25, Rz. 2. 1115Zöbeley, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, § 25, Rz. 6.
	        

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