Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

Im Zivilverfahren spricht man von einer Unterbrechung oder Aussetzung, wenn das Verfahren vollständig still steht.985Das Landes- verwaltungspflegegesetz verwendet in Art. 74 den Begriff «Unterbre- chung». In der Zivilprozessrechtslehre wird zwischen Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens unterschieden, wobei die rechtlichen Wirkungen dieselben bleiben. Von einer Unterbrechung ist die Rede, wenn sie von Gesetzes wegen eintritt, d.h. wenn es keinen richterlichen Beschluss braucht.986Die Aussetzung des Verfahrens tritt dagegen auf Grund eines richterlichen Beschlusses ein. Das Gesetz kann dem Gericht die Unterbrechung zwingend auferlegen oder freistellen.987 B.Gesetzliche Grundlage Das deutsche Bundesverfassungsgerichtsgesetz kann sein Verfahren bis zur Erledigung eines bei einem anderen Gericht anhängigen Verfahrens aussetzen, wenn für seine Entscheidung die Feststellungen oder die Ent- scheidung dieses anderen Gerichts von Bedeutung sein können (§ 33 Abs.1 BVerfGG). Es räumt dem Bundesverfassungsgericht wie bei der Verbindung und Trennung von Verfahren einen Ermessensspielraum ein. Liegen jedoch die Voraussetzungen des Art. 234 EGV vor, dann ist das Bundesverfassungsgericht zur Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den Europäischen Gerichtshof verpflichtet.988 Eine Unterbrechung des verfassungsgerichtlichen Verfahrens ist auch im liechtensteinischen Verfassungsprozess denkbar. Das Staatsgerichtsofgesetz regelt im Unter- schied zum deutschen Bundesverfassungsgerichtsgesetz die Unterbre- chung bzw. Aussetzung nicht, doch eröffnet Art. 38 StGHG in Verbin- dung mit anderen Verfahrensbestimmungen989eine solche Möglichkeit. 631 
§ 38 Zustellung und Weiterführung des Verfahrens 985Vgl. statt vieler Rechberger/Simotta, S. 215, Rz. 345 und für das deutsche Verfas- sungsprozessrecht Benda/Klein, S. 86, Rz. 193. 986Rechberger/Simotta, S. 215, Rz. 346. 987Rechberger/Simotta, S. 216, Rz. 346. 988Siehe Benda/Klein, S. 86, Rz. 192; für Österreich Walter/Mayer, Bundesverfas- sungsrecht, S. 130 f., Rz. 246/35. Sie gehen im Sinne eines umfassenden Rechts- schutzes davon aus, dass auch der Verfassungsgerichtshof ein Gericht letzter Instanz im Sinne des Art. 234 EGV ist, das antragsverpflichtet ist. 989Siehe Art. 74 LVG, Art. 107 und 108 EWRA, Art. 34 ÜGA sowie Art. 1 des Proto- kolls 34 zum EWRA.
	        

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